Federleicht

29. Januar 2012 geschrieben von   Freigegeben in Chassidische Geschichten

ב"ה

die Taube-bmpEin Talmid (Schüler) fragte den Rebbe aus Rybrinica, warum es üblich sei, den Chametz mit einer Taubenfeder auszufegen. Darauf erzählte der Rebbe diesem eine Geschichte. Im Städtchen Sebachl lebte ein Mann Namens Plia. Obwohl ein Witwer und Vater von vier Töchtern hatte er es gelernt, den Alltag mit all seinen aufreibenden Pflichten mit Freude, Hoffnung und Witz auszufüllen. Nur zu Pessach kam regelmäßig der Anflug der Trauer über ihn. „Herr der Welt,“ betete er dann, „Du hast mir herrliche Töchter geschenkt, doch Deine Lieblingstochter, meine Schulamit, hast Du vorzeitig zu Dir geholt. Ich flehe Dich an, mein G-tt und mein Erlöser, lasse meine Töchter gute Mütter Israels werden, wie Sarah, Rivka, Rachel und Lea und schenke ihnen vier Helden aus Deinem Volk, tüchtige Männer in Deiner Thora und im Beruf, Männer Deines Wohlgefallens! Mich aber, Barmherziger Vater, erlöse sodann von meiner Sehnsucht und lasse mich wieder mit meiner Schulamit vereint sein, damit ich vollkommen eins bin mit Dir.“ Auch in dieser Nacht ließ Plia sein Gebet hinaufsteigen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Voller Sorge warf er sich den Hauskittel über und beeilte sich den späten Gast hineinzulassen. Doch zu seiner Überraschung war niemand zu sehen. Er wollte schon die Tür schließen, als sein Blick auf die Türpforte fiel, wo eine weiße Taubenfeder lag. Plia hob sie auf und lächelte. Als seine Schulamit bei ihm war, pflegte sie ihm eine solche Feder für die „Endreinigung“ vom Chametz, dem Gesäuerten, zu schenken. Vierzehn Federn hatte er in seine Schatztruhe legen können, nun schickte ihm der Ewige, g.s.E., die fünfzehnte! Ein Wunder bahnt sich an! Hoffnungsvoll wartete Plia auf den Morgen. Als die Zeit des Schacharitgebets (Morgengebet, das vor Sonnenaufgang beginnt) eintraf, legte er sich wie üblich die Tallit sowie die Tefilin (Gebetsmantel und Gebetsriemen) an und stellte sich ans östliche Fenster . Doch eigenartigerweise sah er im Fenster ... seine vier Töchter! Sie saßen an einem Tisch mit vielen Kindern und am zweiten festlichen Tisch feierten vier Männer mit wunderbaren Bärten! Eine Leichtigkeit ergriff Plia, wie er sie noch nicht kannte. Aus seiner Mitte erstrahlte plötzlich ein Regenbogen, und eine unsichtbare Kraft zog ihn hinauf über die Lichtbrücke ans andere Ende des Himmels, wo ein goldenes Tor ihm aufgetan wurde. Dort wartete seine Schulamit auf ihn, in den Händen die Schatztruhe mit den fünfzehn weißen Federn und der einen roten Rose, die sie aufbewahrte. „Zu Pessach,“ erklärte der Rebbe, „sind unsere Sünden vor der Ewigen, g.s.E., so leicht, dass er sie mit einer Feder fortmacht. Doch es ist unsere Sehnsucht nach der Einheit mit Ihm, die unsere Sünden sichtbar und leicht macht. Ohne Chametz aber, wird unsere Seele leicht wie die Feder und stiegt hinauf zur himmlischen Mutter, das ist die Thora, die Braut des Maschiach, seine Schulamit.“

Bild: Deborah-Elischewa, 10 Jahre