Diese Seite drucken

Wochenabschnitt Noach, Mitzwot

18. März 2012 geschrieben von   Freigegeben in Paraschat Ha Schawua Mitzwot

ב"ה

BB"M 5771

 

Bereschit 6,9-11,32

Haftara: Jeschajahu 54,11-55,5

 

 

וְאַתֶּם פְּרוּ וּרְבוּ שִׁרְצוּ בָאָרֶץ וּרְבוּ-בָהּ:

"Ihr nun, seid fruchtbar und mehret euch,

wimmelt auf der Erde und mehret euch auf ihr!"

Bereschit 9,7

Nachdem die Menschhei vollkommen  versagt hatte und die Erde und das Leben darauf entweiht hatte, brachte G-tt die Sintflut, um die Schöpfung in einer kosmischen Twila von der Sünde zu reinigen. Nur Noach fand Gefallen in den Augen G-ttes und mit ihm und seiner Familie begann die Geschichte der Menschheit neu. Noach baute nach dem Geheiß G-ttes eine Arche, worin er, seine Frau, ihre  drei Söhne, Schem, Japhet und Cham mit ihren Frauen die ein Jahr dauernde Katastrophe  überlebten. G-tt gebot Noach von allen Tieren auf Erden jeweils ein Paar in die Arche aufnehmen, von den reinen aber jeweils sieben Tiere. Nach der Sintflut stiftete G-tt einen neuen Bund, den wir als noachidischen Bund kennen und der Gegenstand dieses Aufsatzes ist. Der Wortlaut des Bund lautet (Bereschit 9,1-7):

"1 Und G-tt segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde; 2 und die Furcht und der Schrecken vor euch sei auf allem Getier der Erde und auf allem Gevögel des Himmels! Alles, was sich auf dem Erdboden regt, und alle Fische des Meeres, in eure Hände sind sie gegeben: 3 alles, was sich regt, was da lebt, soll euch zur Speise sein; wie das grüne Kraut gebe ich es euch alles. 4 Nur das Fleisch mit seiner Seele, seinem Blute, sollt ihr nicht essen; 5 und wahrlich, euer Blut, nach euren Seelen, werde ich fordern; von jedem Tiere werde ich es fordern, und von der Hand des Menschen, von der Hand eines jeden, seines Bruders, werde ich die Seele des Menschen fordern. 6 Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden; denn im Bilde G-ttes hat er den Menschen gemacht. 7 Ihr nun, seid fruchtbar und mehret euch, wimmelt auf der Erde und mehret euch auf ihr!"

Infolge  des Neuanfangs mit Noach heißen alle Menschen bis auf den heutigen Tag Söhne Noachs (oder Noachiden), die Ausnahme bilden, auf Grund des Bundes am Sinai, die Kinder Israel. Somit steht die gesamte Menschheit im Bund mit dem G-tt Israels. Soweit die Noachiden die sieben im obigen Zitat aufgeführten Mitzwot erfüllen, gelten sie als Gerechte vor HASCHEM und sind in der Mitte Israels willkommen. Die spezifische Bezeichnung ist GER TOSCHAW, Beisasse, die man auf Schemot 12,45 zurückführt. Der größte GER TOSCHAW ist Jithro, der Schwiegervater von Mosche Rabbenu, dessen Hochschätzung soweit reicht, dass nach seinem Namen der Wochenabschnitt von MATAN THORA, des Dekalogs, benannt wurde (Schemot 18,1-20,23).

Die sieben noachidischen Gesetze nach bSanhedrin 56a sind:

            1. Verbot des Götzendienstes

            2. Verbot G-ttes Namen zu fluchen

            3. Verbot von Mord

            4. Verbot der Unzucht

            5. Verbot von Raub

            6. Verbot Tiere bei lebendigem Leib zu essen

            7. Gebot durch Aufstellung ordentlicher Gerichte für Gerechtigkeit zu sorgen

Drei dieser Mitzwot führen bei Übertretung zur Todesstrafe: die 2., die 3. und die 4.

Dem Vers in Bereschit 2,16 entnehmen die Weisen, dass bereits Adam sechs Gebote empfangen hatte, die später gegenüber Noach wiederholt wurden, zuzüglich das Verbot, Tiere lebend zu essen. Midrasch Bereschit Rabba 16,6 lehrt[1]:

<< "Und der Ewige G-tt gebot dem Adam sagend: Von jedem Baume des Gartens darfst du nach Belieben essen", R. Levi sagt: Er gebot sechs Mitzwot:

            "ויצו[Er] gebot" betrifft Verbot des Götzendienstes, woher wissen wir das? Weil es heißt (Hoschea 5,11): "denn willig wandelte er nach Menschengeboten" ;

            "יקוקder Ewige" betrifft das Verbot, den Namen des Ewigen nicht zu entweihen, wie es heißt (Wajikra 24,16): "Und wer den Namen des Ewigen lästert usw.";

            " אלקיםG-tt" betrifft das Gebot, Richter aufzustellen, wie es heißt (Schemot 22,27): "Dem Richter אלקיםsollst du nicht fluchen usw.";

            "על-האדםdem Adam" das betrifft das Verbot des Blutvergießens, wie es heißt (Bereschit 9,6): "Wer Menschenblut vergießt";

            "לאמרsagend" betrifft das Verbot der Unzucht, wie es heißt (Jirmejahu 3,1): "Sagend: Wenn ein Mann seine Ehefrau entlässt usw.";

            "מִכֹּל עֵץ-הַגָּןVon jedem Baume des Gartens" betrifft das Verbot von Raub. >>[2]

Nach Rambam[3] ist ein Nichtjude nur dann ein GER TOSCHAW, wenn er diese sieben Mitzwot erfüllt und sie auf den noachidischen Bund gemäß der Offenbarung in der Thora von Mosche Rabbenu zurückführt; erfüllt aber jemand die Gebote aufgrund eigener Einsicht, so gilt er als ein kluger Mensch aber nicht als GER TOSCHAW. Demnach ist die bewusste Annahme des Bundes mit Noach und die ehrfürchtige Annahme der Thora Mosches als Offenbarung der Wahrheit G-ttes entscheidend. Der Talmud betont in bSanhedrin 105b, dass ein GER TOSCHAW Anteil am OLAM HABA, der Künftigen Welt hat.

In bChulin 92a ist die Aussage des Rabbi Ulla überliefert, dass die Noachiden dreißig zusätzliche Mitzwot (siehe Secharja 11,12) auf sich nahmen, aber nur drei von ihnen tatsächlich erfüllten:

- Verbot von Homosexualität

- Verbot von Kannibalismus

- Das Gebot, die Thora zu ehren

In der Gegenwart ist die Bewegung der Noachiden wieder im Wachstum begriffen.[4]

Nach Meinung der Rabbanan ist das trinitarische Christentum eine Form des Götzendienstes. Die Heidenchristen, die die Trinität ablehnen, werden hingegen als Noachiden betrachtet. Über den Islam ist man unterschiedlicher Meinung. Während Maimonides den Islam als eine noachidische Tradition akzeptierte, war Rabbi Nissim ben Reuben Gerondi (1320-1376) vom Gegenteil überzeugt.

Eine besondere Aufmerksamkeit widmen die Rabbanan der Wiederholung der Mitzwa "seid fruchtbar und mehret euch", die bereits der erste Adam erhielt[5].

Es wird darauf verwiesen, dass Noach und die Seinen während der Sintflut enthaltsam lebten, wie im übrigen alle Lebewesen in der Arche. Nach Midrasch Tanchuma, Noach 11 ist  das Zusammenkommen von Mann und Frau zur Zeit von großen Umweltkatastrophen nicht gestattet, wie auch in Gefangenschaft oder anderen großen Unglücksfällen. Erst als G-tt zu Noach sagte (Bereschit 8,16) "Gehe aus der Arche usw.",  in der  sie praktisch gefangen waren, endete die Zeit der Enthaltsamkeit, doch traute sich Noach trotzdem nicht, das Gebot zu erfüllen, bis G-tt sagte: "Ihr nun, seid fruchtbar und mehret euch, wimmelt auf der Erde und mehret euch auf ihr", war ihm eindeutig klar, dass nun die schlimme Zeit vollendet war.

[1]              Vergl. bSanhedrin 56b
[2]              Übersetzung vom Verfasser
[3]              Mischne Thora, Hilchot Mlachim 9,1
[4]              siehe http://en.wikipedia.org/wiki/High_Council_of_B%27nei_Noah
[5]              Lese das Kommentar zu Bereschit, Mitzwot.

Baruch ben Mordechai HaKohen

Das Neueste von Baruch ben Mordechai HaKohen