Paraschat “DʻWARIM“ Empfehlung

11. Juli 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Dwarim

ב"ה

Paraschat “DʻWARIM“

PREDIGER

aus: Belebende Parascha
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart
von Rabbiner Benjamin Sufiev

Wie bringt man einem Freund bei, dass er Makel hat? Wie macht man einen Menschen auf
seine Fehler aufmerksam, ohne ihn dabei zu verletzen?

Vor dieser Frage stand auch Mosche, als er das Volk Israel für seine Taten während
der Wüstenwanderung tadeln wollte. Und er hat dies folgendermaßen sehr elegant
gemeistert. Die tadelnden Worte Mosches werden in dem ersten Vers unseres
Wochenabschnitts gedeutet: Das sind die Reden ... in der Wüste, in den Steppen, Suf
gegenüber, zwischen Paran und Tofel und Lawan und Chazerot und Di Sahaw. Alle im
Vers erwähnten Ortsnamen weisen auf die verschiedenen Sünden hin, die das Volk
begangen hatte, und einige Namen nehmen überhaupt keinen Bezug auf einen Ort,
sondern sind nur Andeutungen für diverse Sünden (Raschi zu D‘warim 1:1).

Der jüdische Rechtsanwalt

Einer der „Ortsnamen“ zum Beispiel lautet „Di Sahaw“. Nirgends sonst in der Thora kommt
ein solcher Ortsname vor. Deshalb kommentiert Raschi, dass dieser Ausdruck auf die
Sünde des Goldenen Kalbes hindeutet: „Er tadelte sie wegen der Sünde mit dem Goldenen
Kalb, welche sie wegen ihres vielen Goldes (Sahaw) begangen hatten!“

Mosche zog es vor, die Sünden Israels nicht ausdrücklich zu erwähnen, der Würde
des Volkes wegen. Und er wollte den Kindern Israels nicht nur Erniedrigung ersparen,
sondern formulierte seinen Tadel mit einem Hauch an Verständnis für ihre Sünden.

Große Verführungen

Mit der Bezeichnung „in der Wüste“ deutete Mosche auf alle Missetaten des Volkes gegen
G‘tt während der Wüstenwanderung hin, aber drückte damit auch Verständnis für das
schlechte Verhalten Israels aus. Denn die große, glühende Wüste, ein Ort voller Schlangen
und Skorpione und unbändigem Durst, stellt den Menschen vor viele Prüfungen des
Glaubens, die nicht leicht zu überwinden sind. Man muss die Lage des jüdischen Volkes
verstehen. Beschwerden gegenüber G‘tt, wie Wassermangel, sind Folgen der
unerträglichen Umstände.

Weiterhin tadelt sie Mosche „in der Arawa“: Gemeint ist die Sünde Israels „in den
Steppen Moaws“, als es die Töchter Moaws und ihre Götzen begehrte. Auch da zeigt
Mosche Verständnis für Israels Missetat. Das Volk Moaw entstammt der ältesten Tochter
Lots, welche ihrer Unsittlichkeit wegen aller Welt verkündete, dass ihr Vater sie
geschwängert hatte, indem sie ihren neugeborenen Sohn „Moaw“ nannte, womit sie
andeutete, dass er von ihrem Vater stammte („Moaw“ = „me-Aw“, vom Vater; vgl. Raschi zu
Bereschit 19:37). Die „Steppen Moaws“ also sind ein Ort der Ausschweifung und Lust.
Deshalb fiel es dem jüdischen Volk sehr schwer, jener Versuchung zu widerstehen.

Die nächste Station war „gegenüber Suf“, was die Auflehnung des jüdischen Volkes
vor dem Schilfmeer anspricht. Ohne Zweifel zeugte sie von einem geringen Vertrauen in
G‘tt, dennoch befand sich Israel in einer sehr brenzligen Lage, aus der es keinen Ausweg
zu geben schien - hinter ihnen waren die Heerscharen der Ägypter und vor ihnen das Meer.
Es war dieser Notzustand, welcher zur Meuterei gegen Mosche führte.

Auf diese Weise nimmt Mosche auch auf die Sünde des Goldenen Kalbs Bezug. Als er
vor G‘tt flehte, dem jüdischen Volk dieses große Vergehen zu vergeben, machte er sogar
G‘tt für das Versagen Israels verantwortlich: „Du, G‘tt, brachtest sie dazu, durch all das
Gold, das Du ihnen hast zuteil werden lassen. Wie könnten sie da der Versuchung
widerstehen und nicht sündigen!“ Mosche stellte sich auf die Seite des Volkes und wirkte
als Verteidiger Israels!

Menschenwürde

Menschenliebe bedeutet nicht nur einen Menschen so zu lieben, wie er ist. Einen
Menschen mit seinen Fehlern zu akzeptieren, ist erforderlich, aber es dabei zu belassen,
wäre nicht fürsorglich. Die Sorge um den Mitmenschen drückt sich auch darin aus, diverse
Mängel bei ihm zu korrigieren. Deshalb gebietet uns die Thora, unseren Nächsten auf
seine schlechten Taten aufmerksam zu machen, damit er diese verbessert. Viele meiden
dies, mit der Begründung, den Betroffenen nicht verletzen zu wollen. Aus diesem Grund ist
uns hier unser Lehrer zuvorgekommen, mit einer lehrreichen Lektion in Sachen liebevollen
Tadels.

(Likutej Sichot, Band 14, Seite 1)