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Paraschat „MATOT“ מטות Empfehlung

24. Juli 2022 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Matot

ב"ה

Paraschat „MATOT“ מטות

Der Anspruch der Stämme Reuwen und Gad

Auszug aus: Bina Bamikra, von Rabbiner B.S. Jakobson

Im Wochenabschnitt “Matot“ wird unter anderem über das Ansuchen der zweieinhalb 
Stämme erzählt, ihren Wohnsitz im Ostjordanland einzunehmen und sich dort 
niederzulassen. Auf den ersten Blick scheint diese Geschichte nur ein Ausschnitt aus dem 
allgemeinen Bericht über die Besiedlung des Landes zu sein. Wenn wir aber den 
Ausführungen unserer Erklärer folgen, werden wir einsehen, dass ein tieferes Verständnis 
des Themas zur Klärung aktueller Probleme unserer Zeit viel Wertvolles beizutragen hat. 

In Bamidbar 32:1 heißt es: “Die Söhne Reuvens und die Söhne Gads hatten viele
Herden in gewaltiger Menge, und sie sahen das Land Jaser und das Land Gilead, dass da
ein Ort für Herden war. Da kamen die Söhne Gads und die Söhne Reuvens und sprachen
zu Mosche und dem Priester Elasar und zu den Fürsten der Gemeinde also: ʻAtarot und
Diwon und Jaser und Nimra und Cheschbon und Elale und Sewam und Newo und Weon,
das Land, das der Herr unterworfen hat vor der Gemeinde Israel, ist ein Land für Herden,
und deine Knechte haben Herdenʻ.

In der Fortsetzung lesen wir: “Sie sprachen: ʻWenn wir Gnade gefunden in deinen
Augen, werde dieses Land deinen Knechten gegeben zum Besitz, führe uns nicht über den
Jardenʻ.“ Soweit ihr Anliegen. Warum heißt es in der Schilderung der Tatsachen im
Hintergrund ihres Anliegens: “Die Söhne Reuvens und die Söhne Gads hatten viele
Herden“, während es bei der Einreichung ihres Gesuches lautet: “Da kamen die Söhne
Gads und die Söhne Reuvens“ Zu dieser Frage erklärt Ramban: “Der erste Vers beginnt
mit dem Stamm Reuven, denn er war der Erstgeborene und der Sohn der ersten Frau, Lea.
Dementsprechend sagt auch Mosche vor seinem Tod: ʻDies habe ich dem Reuven und
dem Gad gegebenʻ (Dewarim 3:12). Aber in der weiteren Schilderung in unserem
Wochenabschnitt wird der Stamm Gad dem Stamm Reuven konsequent vorangestellt,
denn die Söhne Gads waren die Initiatoren des ganzen Plans, sie traten zuerst an Mosche
heran, um über den Erbbesitz zu verhandeln, und sie waren mutiger als die Söhne
Reuvens, denn von ihnen sagt Mosche in seinem Segen: “Er lagert wie ein Löwe und reißt
Arm samt Scheitel ab“ (Dewarim 33: 20). Deshalb fürchteten sie sich nicht und waren
bereit, allein im Ostjordanland zu wohnen...

Nachdem die Stämme ihre Ansprüche in allen Einzelheiten vorgebracht hatten, indem
sie sagten: “Werde dieses Land deinen Knechten gegeben zum Besitz, führe uns nicht
über den Jarden“, reagierte Mosche mit einer Rede schwerer Beschuldigungen und
verglich die Bittsteller mit dem Geschlecht der Kundschafter ...

Rabbi Jitzchak Arama hat in seinem Kommentar: “Akedat Jitzchak“ das Erstaunen
über die Reaktion unseres Lehrers Mosche deutlich ausgedrückt: “Wir wundern uns sehr,
warum die Worte Mosches zu den Vertretern der Stämme berechtigt waren. Er hätte sie
zuerst fragen sollen, ob sie bereit wären, mit ihren Brüdern im Westjordanland zu kämpfen.
Wenn sie ihm dann positiv geantwortet hätten, wie sie es tatsächlich zum Schluss
versprochen hatten, wozu waren dann diese seine heftigen Worte überhaupt nötig? Und
ferner, er beruhigte sich erst, als er auch ihre Väter genannt hatte: “Und nun seid ihr
aufgestanden anstatt eurer Väter, eine Zucht sündiger Menschen.“

Der Schlüssel zum Verständnis des ganzen Vorfalls liegt zweifellos in den Worten:
Führe uns nicht über den Jarden“ (Bamidbar 32:5). Abravanel führt aus: “Als die Söhne
Gads und die Söhne Reuvens den Zornausbruch Mosches wahrnahmen, überkam sie
Angst und Bestürzung. Sie wollten sagen, dass er bei aller ihm schuldigen Achtung ihre
Absichten missverstanden hatte. Denn ihre Bitte: “Führe uns nicht über den Jarden“
bedeutete nicht, dass sie sich weigerten, mit ihren Brüdern ins Land zu gehen, sondern
nur, dass sie ihr Erbe nicht jenseits des Jarden antreten mochten.“

Rabbi Jitzchak Arama schlägt jedoch eine ganz andere Richtung ein. Er behauptet,
dass die Beschuldigung Mosches wohl begründet und berechtigt waren. Er beurteilt die
Haltung der Stämme im Ganzen recht negativ und findet in ihrem Gesuch unter anderem
materielle Beweggründe und eine Geringschätzung der Heiligkeit des Westjordanlandes.
Er bemerkt zu unserem Thema: “Daraus geht hervor, dass unser Lehrer Mosche, in seiner
großen Weisheit, sofort die wahre Absicht erkannt hatte, nämlich dass die Ursache für ihre
Weigerung, in das Erbe Gʻttes, das Westjordanland, einzuziehen, Angst sein könnte ... es
war eine Geringschätzung und Mangel an Liebe zum gelobten Land, sie waren sich des
erhabenen Zwecks des heiligen Landes nicht bewusst. Nebensächliches machten sie zur
Hauptsache, so dass sie ein Leben außerhalb des heiligen Landes vorzogen, und zwar nur
deswegen, weil das Ostjordanland fette Weideplätze für ihre Herden hatte und reiche
wirtschaftliche Entwicklung versprach. Das war in den Augen unseres Lehrers Mosche eine
negative, sorgenerregende Erscheinung.

Wir wollen noch einen Gedanken aus dem Midrasch Rabba bringen, der die rein
materielle Zielsetzung der Forderung der Stämme betont und den unheilvollen Einfluss
ihrer Einstellung auf ihr historisches Schicksal hervorhebt: “ Drei gʻttliche Gaben sind der
Welt mit der Schöpfung gegeben worden, derjenige, dem nur eine dieser Gaben zugeteilt
worden ist, hat damit alles Wünschenswerte erreicht. War ihm Weisheit vergönnt, so hatte
er alles gewonnen, war ihm Heldenmut gegeben, so hatte er alles erlangt, war er zu
Reichtum gekommen, so standen ihm alle Tore offen. Aber wann und unter welcher
Bedingung? Wenn sie die Gaben Gʻttes sind und ihm aufgrund seiner Bemühungen im
Torahlernen verliehen worden sind. Stammen diese Gaben aber nicht von Gʻtt, dann
werden sie keinen längeren Bestand haben. So geschah es den Söhnen Gads und den
Söhnen Reuvens. Sie waren reich an Herden und finanziellen Mitteln, und aus Liebe zu
ihrem Vermögen siedelten sie sich im Ausland an. Deshalb waren sie die ersten, die ins
Exil verschleppt worden waren, wie es heißt: “Sie trieben sie aus, Reuven und Gad und
den halben Stamm Menasche.“ (I. Chron. 5: 26).

Warum traf sie so ein Schicksal? “Weil sie sich von ihren Brüdern materieller Güter wegen
abgesondert hatten.“