Paraschat Chajej Sara
Auszug aus:
Belebende Parascha
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart
von Rabbiner Benjamin Sufiev
Band II
DREI GEBETE
Unser Wochenabschnitt erzählt uns über den ersten Schiduch (Ehevermittlung) im
jüdischen Volk. Elieser, der Knecht Awrahams, sollte für Itzchak eine Frau finden. Als er an
einem Brunnen ankam, betete er zu G‘tt, dass er die richtige Frau für Itzchak finden würde.
Sein Gebet wurde ungewöhnlich schnell erhört: Und es geschah, er hatte noch nicht
aufgehört zu beten, dass Rivka kam (Bereschit 24:15).
Darauf sagt der Midrasch: Es gab drei, deren Gebet sofort erhört wurde: der Knecht
Elieser, Mosche und Sch‘lomo HaMelech (Bereschit Rabba, Abschnitt 60:4). Als Mosche
wegen dem Streit mit Korach zu G‘tt betete, heißt es: Und es geschah, als er sein Gebet zu
Ende gesprochen hatte, dass sich der Boden unter Korach und seiner Gemeinde öffnete
(Bamidbar 16:31). Und als König Sch‘lomo bei der Tempeleinweihung zu G‘tt betete, heißt
es: Sobald Sch‘lomo zu Ende betete, fiel das Feuer vom Himmel (Diwrej HaJamim/Chronik
II 7:1.
Eliesers Vorteil
Der Vergleich zwischen Elieser, dem Knecht, und so großen Gerechten wie Mosche und
Sch‘lomo ist merkwürdig. Wie kann der Midrasch überhaupt so einen Vergleich zwischen
diesen zwei großen Persönlichkeiten und einem einfachen Knecht anstellen? Außerdem
fällt auf, dass das Gebet Eliesers sogar wohlgefälliger war, als das Gebet von Mosche und
Sch‘lomo! Denn nur bei ihm heißt es, dass G‘tt sein Gebet erhörte, noch bevor er es zu
Ende gesprochen hatte!
Die Erklärung dazu: Die sofortige Erhörung der Gebete des Knechtes Elieser und von
Mosche und Sch‘lomo hing nicht von den betenden Personen ab, sondern von der
Wichtigkeit der Sache, um die sie baten.
Die G‘ttesgegenwart
Jene drei Gebete handelten davon, dass G‘ttes Gegenwart (Schechina) auf der Welt ruhen
möge, und zwar auf drei Bereichen der Welt: auf der physischen Welt, dem Menschen und
der Thora.
König Sch‘lomo betete für die Schechina auf der physischen Welt - im Heiligen
Tempel. Dies war der einzige Platz auf Erden, auf dem man die Schechina spüren konnte.
Deshalb gab es im Tempel täglich zehn Wunder, ein Ausdruck für die Gegenwart G‘ttes an
jenem Ort.
Mosche betete für die Schechina im Menschen, dass G‘tt Seinen Geist auf den wahren
Propheten ruhen lasse. Korach glaubte nicht daran, dass G‘tt durch Menschen spricht.
Seine Botschaft könne er direkt dem Volk mitteilen. Mosche betete zu G‘tt, dass Er allein
das Gegenteil beweise: Die Prophezeiung ist wahr, denn G‘tt lässt Seinen Geist auf
Menschen ruhen.
Die Bindung
Elieser betete für die Schechina auf der Thora. Abgesehen davon, dass er selbst ein
großer Thoragelehrter war, legte er den Grundstein für das Erhalten der Thora vom
jüdischen Volk am Berg Sinai, denn er brachte das erste jüdische Paar zusammen, von
dem schließlich das jüdische Volk entstand.
Tiefer erklärt: Die Thora hätte auch nur eine Anleitung für das jüdische Volk sein
können. Doch Elieser betete dafür, dass „die Schechina auf der Thora ruhe“. Deshalb ist
sie göttlich, denn in ihr steckt die Essenz G‘ttes, G‘ttes Weisheit. Sie verbindet die Weisheit
G‘ttes mit der menschlichen Weisheit des Studierenden. Dies gleicht einer Verbindung
zwischen Seele und Körper.
Auch die Heirat zwischen Itzchak und Rivka ist eine Bindung zwischen „Geist und
Körper“. Itzchak galt als reines Opfer (da er für G‘tt dargebracht werden sollte); er war der
Inbegriff von Heiligkeit und durfte deshalb nicht das Heilige Land verlassen. Rivka
hingegen wohnte außerhalb Israels, unter schlechten Menschen. Ihre Bindung war eine
Bindung zwischen Spiritualität und Materialität, wie sie auch die Bindung zwischen der
heiligen Thora und dem irdischen Intellekt des Menschen, der sie lernt, ist.
Und dafür betete Elieser: dass G‘tt die Bidung zwischen diesen zwei Gegensätzen,
Spiritualität und Materialität, gelingen lassen möge. G‘tt erhörte sein Gebet. Praktisch heißt
das also: Es ist möglich, Religiosität und Weltlichkeit zu verbinden. Indem G‘tt sein Gebet
sogar unverzüglich erhörte, lässt Er uns verstehen, wie grundlegend, wertvoll und wichtig
diese Verbindung für ihn ist!
(Likutej Sichot, Band 15, Seite 145)