"Der Monat Av"
Auszug aus: "Das Jüdische Jahr", von Eliahu Kitov
Av ist der fünfte Monat des Jahres, wenn man von Nissan an zu zählen beginnt. So wird er auch in der Torah genannt: "Waʻjaal Aharon haKohen el Hor haHar ... - zum Berg Hor ging Aharon, der Kohen hinauf und starb dort im vierzigsten Jahr nach dem Auszug der Bnej Israel aus dem Land Mizrajim im fünften Monat am ersten des Monats" (Bamidbar 33:38).
Der Name Av ist babylonischer Abstammung. Man nennt ihn auch "Menachem Av", der tröstende Av, weil man nach der Zerstörung des Tempels, die in diesem Monat geschah, Trost erwartet. Manche sehen in dieser Bezeichnung auch eine Anspielung auf Megillat Ejcha - die Rolle der Klagelieder, die nach dem Alef-Bejt angeordnet ist. Menachem Av (א-ב) ist der Monat, in welchem der Heilige, gelobt sei Er, einst Sein Volk trösten wird, im Monat, in welchem die Megillat Ejcha, die Rolle Av, gelesen wird.
Eine weitere Auslegung für Av (א-ב) bezieht sich auf die zwei Völker, die unsere Heiligtümer zerstört haben: Alef - steht für Edom, die Römer, und Bejt für Bawel, Babylonien.
Beim Datieren der Briefe, die man im Monat Av schreibt, wird bis zum neunten des Monats "Av" geschrieben, nach diesem Datum wird er "Menachem Av" benannt. Das Sternzeichen des Monats ist der Löwe.
Als in früheren Zeiten das Bejt Din - der Gerichtshof - den Monat heiligte, wurden Boten ausgesandt, die das Erscheinen des Neumondesbezeugen mussten. Die Boten wurden an weit entfernte Orte geschickt, um Rosch Chodesch Av zu verkünden, damit man das Datum des neunten Av, des Fasttages, auf den Tag genau einhalte.
Rosch Chodesch Av hat nur einen Tag, da der vorangehende Monat Tammus "unvollständig" ist, d.h aus 29 Tagen besteht. Der Monat Av ist "vollständig", er hat 30 Tage. Der 9. Av ist zwar Fasttag, wird aber in der Megillat Ejcha "Moed" genannt, denn einst wird der Heilige, gelobt sei Er, diesen Trauertag in einen Tag der Freude und des Jubels verwandeln.
Rosch Chodesch Av ist ein "Taʻanit Zaddikim", ein Fasttag für die Frommen und Gerechten. Es ist der Tag, an dem der Kohen Aharon starb. Obwohl Rosch Chodesch, wird dieser Tag von manchen als Fasttag begangen, und auch solche, die nicht fasten, begehen ihn als besonderen Trauertag im Andenken an Aharons Tod.
Schabbat Chason - der Schabbat vor dem neunten Av
Der Schabbat vor dem 9. Av wird "Schabbat Chason" genannt. Dies nach der Haftara "Chason Jeschajahu" - die Vision des Propheten Jeschaja - die an diesem Schabbat vorgetragen wird. Diese Haftara ist die letzte der drei unheilverkündenden Haftarot, die drei Wochen vor Tischa bʻAv gelesen werden. Nach Tischa bʻAv liest man die sieben Haftarot des Trostes.
Zum Andenken an die Zerstörung
Seit der Zerstörung unseres Heiligtums haben unsere Weisen angeordnet, dass bei jedem freudigen Anlass die Zerstörung in Erinnerung gebracht werden soll. Sie stützten sich auf den Vers "Im eschkachech ... wenn ich dein vergesse, Jeruschalajim, vergesse meine Rechte" (Tehillim 137:5), und "Im lo aʻale et Jeruschalajim ... - wenn ich Jeruschalajim nicht zum Gipfel meiner Freude erhebe" (ebd. 6).
Unsere Weisen lehrten: "Nach der Zerstörung des zweiten Tempels gab es zahlreiche "Peruschim" (wörtl. Abgesonderte) in Israel, die sich von Wein und Fleisch enthielten. Rabbi Jehoschua griff sie an und sagte: ʻWeshalb esst ihr kein Fleisch und trinkt keinen Wein?ʻ Sie sagten ihm: ʻWie könnten wir Fleisch genießen, das einst auf dem Altar dargebracht wurde, der nun zerstört ist?ʻ Da sagte er ihnen: ʻWenn es so ist, dann dürften wir auch kein Brot mehr verzehren, da es doch auch keine Menachot-Mehlopfer mehr gibt!ʻʻMan kann ja Früchte essenʻ war ihre Antwort. Er entgegnete: ʻBikkurim - die Erstlingsfrüchte wurden ja auch dargebracht!ʻ Der Einwand der Peruschim: ʻMan kann ja Früchte essen, die nicht zu den sieben Arten gehören, und die man nicht darbrachte!ʻʻSollten wir etwa auch kein Wasser mehr trinken, weil es doch kein Nissuch haMajim - kein Wassergießen - mehr gibt?ʻ Darauf schwiegen die Peruschim.
Da sagte er zu ihnen: ʻMeine Söhne, kommt und lasst euch sagen: Es ist sicherlich unmöglich, überhaupt nicht zu trauern, denn das Unglück ist geschehen. Doch man kann nicht allzuviel trauern, denn nichts wird der Gemeinschaft verordnet, wenn es die Mehrheit nicht durchführen kann. Hingegen ordneten unsere Weisen an: Wenn man sein Haus tüncht, soll man eine Stelle frei lassen ..." (Bawa Batra 60b).