Wer ist Israel? Eine Stärkung gegen die Ungeduld des Herzens

09. März 2009 geschrieben von   Freigegeben in Mein Kleiner Schatz

ב"ה

 

„Und er [Jeschua] trat hinzu stärkte sie und baute sie innerlich auf

und das Fieber verließ sie alsbald, und stand auf und diente ihnen“

(Markus 1,31).

 

Heute ist Ta’anit Esther, der 13. Adar 5769. Wir fasten, wir essen und trinken nicht und wir beten. Dadurch machen wir uns eins mit Esther, Mordechai und ganz Israel, die zu ihrer Zeit eine Erlösung des Volkes von der Vernichtung bewirkten. Wir glauben, dass dieselbe Kraft auch heute unser Volk von Lebensgefahr retten kann und es auch tut. Würden wir uns nicht eins machen mit KLAL ISRAEL, der Gemeinschaft Israels, würden wir uns selbst aus dieser Gemeinschaft ausschließen. Obwohl ursprünglich das Fasten Esthers im Nissan begangen wurde, verlegten unsere Weisen diesen Tag in den zwölften Monat Adar, auf den 13. des Monats, an dem der böse Haman ganz Israel vernichten wollte; doch HASCHEM wendete die Trauer in Freude, Todesangst in Jubel über das neue Leben, Beschämung der Verlorenen in einen Sieg der Diener G-ttes über ihre Feinde. Dennoch – der Tag des Todes unserer Feinde ist kein Tag an dem wir Jubeln, im Gegenteil, wir fasten und beten. Hier erkennen wir auf besondere Weise unsere Einheit als Volk und unsere Bestimmung, die Bruderschaft der Völkerfamilien durch die Treue zu HASCHEM und zur Thora von Mosche Rabbenu zu verwirklichen, insbesondere wenn man die Erkenntnis geschenkt erhielt, dass es dem Menschen Jeschua aus Nazareth, unserem Erlöser und dem Maschiach G-ttes gelungen ist, das Ziel des Lebens auf diesem Weg des Glaubens zu verwirklichen. Ebenso deutlich wird unser Versagen, wenn wir erleben, dass auch heute Teile unseres Volkes in die Irre gehen und dieselbe Sünde begehen, wie damals unsere Vorfahren in Schuschan. Wir verneigen uns vor fremden Göttern, verlassen die Thora, verachten die mündliche Lehre und ihre Träger und suchen sie durch eigene Spekulationen zu ersetzen, die ja im Grunde gar nicht neu sind, wenn man z.B. an die Lehre über das „neu Israel“.

 

Ich rede hier nicht von den Völkern der Welt, zu denen wir geschickt worden sind. Ich rede zu meinen Brüdern im Glauben und im Blut, die durch ihr Handeln die Verwirrung in der Welt vermehren. Wir können unseren Sendungsauftrag nicht erfüllen, wenn wir den Bund Abrahams, den Bund Jizchaks und den Bund Jakows vergessen, dasselbe gilt für den Bund am Sinai und alle weiteren Bündnisse des Heiligen, gelobt sei Er. Dann haben wir den Bund des Maschiach auch nicht eingelöst und folgen nicht seinem Weg der Treue und Liebe zu HASCHEM und Seinem Volk.

 

Aber wie kommen wir in diese Situation, besser gesagt, in diese Versuchung? Woran versagen wir? An der Ungeduld.

Die Purimerzählung berichtet von dem Zusammenstoß Israels in der Person des Benjaminters Mordechai mit Amalek, das ist Haman der Agagiter. Als Mordechai sich weigerte vor einem Menschen zu verneigen, was seine Brüder getan hatten, entbrannte der Zorn des Bösen. Doch nicht Mordechai ist schuld an der Entscheidung des bösen Königs, sondern die Kleinmütigen, die zu seinem Fest kamen. Was wurde dort gefeiert? Achaschwerosch dachte, dass der Tempel G-ttes, der Palast des ewigen Königs nie wieder aufgerichtet wird auf der Erde. Damit wäre seine Herrschaft und das Menschen Reich vollkommen. Achaschwerosch rechnete die 70 Jahre nach, die der Tempel nach den Worten des Propheten (Jermijahu 25,11-12)  in Schutt bleiben sollte und stellte fest, dass die Frist für die Wiederherstellung vorüber war. Also feierte er und mit ihm auch die entmutigten Juden. Aber Achaschwerosch verrechnete sich. Wir kennen die Geschichte.

Die Ungeduldigen kommen immer wieder in unserer Historie vor und leider  bringen sie wiederholt Leiden über das Volk. Sogar ein wunderbarer Mensch wie Rabbi Akkiba wollte gern glauben, dass Bar Kochba der erwartete Erlöser ist. Er irrte sich. Es ist bezeichnend, dass innerhalb des Volkes Rabbi Akkiba weiterhin geliebt und geachtet wird. In der Tradition findet man kein negatives Wort über ihn. Die Erklärung dafür ist schlicht: Die Not und das Leiden können sogar die Augen eines geistigen Riesen verdunkeln (siehe Jizchaks Blindheit, Bereschit 27). Die von der Not verschuldete Ungeduld ist bei HASCHEM entschuldigt. Unsere Feinde haben natürlich keine Einsicht in solche Zusammenhänge, wenn es um Israel geht. Wir sollten uns ihnen nicht anschließen.

 

Es gibt aber auch die Ungeduld des bösen Triebs. Stolz und Eitelkeit, Neid und Missgunst, Herrschsucht und die Gier nach Befriedigung ohne Maß sind seine Namen. Kain tötete deshalb Hewel. Amalek verfolgt darum Israel, die Völker neiden uns die Thora und die Erwählung. Isch Krijot verrät Jeschua HaMaschaich. Doch in der „reiner“ Form kommt das Böse sehr selten vor, genau genommen fast nie. Erst in der Endzeit, wenn alles Gute vom Bösen geschieden, ist die Zeit erfüllt und der Antichrist verliert seine Macht über die Menschen und wird vernichtet. Worin besteht die Macht Satans? Es ist die Vermischung, SCHA’ATNES שעטנז genannt (s. Dwarim 22,11). Dieses Wort besteht selbst aus der Mischung von zwei Begriffen: שטן und עוז (Satan und Macht). Wegen des in der Mischung gefangenen Lichts verschont HASCHEM auch das Böse, davon spricht auch Rabbi Jeschua HaMelech HaMaschiach im Gleichnis von der Mischung der guten Saat mit der Unkraut (Matitjahu 13,24-30.36-43).

 

Weil die Vermischung sogar die Regel ist unter den Menschen, sollte die grundsätzliche Haltung gegenüber den Verirrungen vor allem zwei Aspekte haben: Abwehr mit der „Linken“, das ist die Strenge, und Einladung zur Umkehr durch die „Rechte“, das ist die Gnade. So gibt es eine Überlieferung über Jeschua aus Nazareth, den ein Rabbi aus seiner Jeschiwa „mit beiden Händen“ verstoßen haben soll, was zu den bekannten Folgen führte – die Gründung einer neuen Religion. Nun, Jeschua HaMelech HaMaschach wollte sicherlich keine neue Religion gründen, allerdings den jüdischen Glauben vollenden. Dennoch. Diese Geschichte ist wahr in ihrer Aussage betreffend der Überstrenge des Lehrers, die nichts anderes ist, als Ausdruck von Zorn. Dieser Mensch durfte niemals Lehrer werden.

Die Überlieferung kennt noch eine „Frucht“ der Ungeduld: Es ist eine Krankheit Namens קדחת „Fieber“ (Wajikra 26,16). Deren Symptome sind Apathie, Gleichgültigkeit, aber auch Depression und Melancholie. Der Mensch verliert die Lebenskraft, denkt bei geringster Krankheit sterben zu müssen, verliert den Lebenswillen. Von dieser Krankheit heilte der Herr die Schwiegermutter von Petrus (Markus 1,29-33). Eine andere Form dieser Krankheit ist die Hetze, fiebriges Beschäftigtsein, das den Menschen wie eine Droge betäubt, damit er die Leere in seinem Inneren nicht wahrnimmt. Doch die Sinnlosigkeit des Treibens ist genauso hoffnungslos wie das gleichgültige „nach mir die Sinnflut“. In beiden Fällen führt das „Fieber“ schließlich zum Zorn.

Der Sohar behandelt den Zorn im Kommentar zur Parascha Tetzawe.[1] Rabbi Jehuda zitiert den Vers (Jeschajahu 2,22): „Lasset ab von dem Menschen, dessen Seele im Zorn ist …“ und lehrt, dass ein Mensch, der sich dem Zorn hingibt, seine NESCHAMA vom Ort der Heiligkeit stößt und dadurch sein gesamtes Innenleben verunreinigt. Die Folgen sind schließlich Grausamkeit, Gewalt und Tod. Möge HASCHEM uns davor bewahren. Entsprechend beten wir jeden Morgen, dass der Ewige, gelobt sei Er, uns vom bösen Freund bewahren möge. Wer ist es? Wie kann ein Mensch zugleich Freund und böse sein? Doch ein ungeduldiger Mensch ist ein schlechter  Ratgeber. Wenn ein Freund die Hoffnung verliert und mit ihr die Geduld und schließlich in Zorn gerät, dann ist das ein böser Freund.

 

Wie entgehen wir der Ungeduld? Wie beherrschen wir den Zorn? Das Ausharren in der Erwartung der Erfüllung der Verheißungen G-ttes ist eine Forderung des Ewigen. Das Bewahren des Bundes trotz aller sichtbaren „Beweise“ für das Versagen des Glaubens. Die Thora gebietet uns die Zizit zu tragen und sie anzusehen, damit wir dem Ewigen nachfolgen und nicht unseren Augen und unseren Herzen (Bemidbar 15,39), wie es Chawa getan hat. Dieser Vers ist eingebetet in die Schma-Proklamation, unser wichtigstes Gebet. Die Besinnung auf das Wichtigste ist der Anfang der Umkehr, das vertrauensvolle Harren auf den Ewigen und die Wiederkunft Seines Gesalbten ist deren Erfüllung (Jochanan 6,29). Bis zur Wiederkunft des Herrn haben wir das Gebot der Nächstenliebe zu erfüllen, das Haupt des Mitzwot-Gebäudes.

Rabbi Hillel lehrte einen Ungeduldigen, der auf einem Bein stehend die ganze Weisheit G-ttes erlernen wollte, die Nächstenliebe: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das tue einem anderen nicht an“. Rabbi Jeschua HaMaschiach lehrte das Gleiche, allerdings im Positiven: Was du willst, dass dir geschieht, das tue deinem Nächsten. Rabbi Hillels Lehre erhebt einen Zaun gegen die Ungeduld und den Zorn. Die Lehre des Maschiach über das Gönnen überwindet und verwandelt den Zorn in Liebe, Geduld und Langmut. Mit dem ersten beginnen wir, mit dem zweiten vollenden. Eins nach dem anderen. Der Ungeduldige würde hier sagen: Wozu Rabbi Hillels Lehre, mache ich doch gleich das Zweite. Dieser Mensch würde versagen. Diese gönnende Herzenshaltung des Apostels Petrus machte ihn zum Schlüsselbewahrer. Auf Gönnen baut der Ewige, gelobt sei Er, die Gemeinde.

 

Im Nachfolgenden Midrasch sind wunderbare Aussagen über das Kommen des Maschiach, das Volk G-ttes und die Gerechten aus den Völkern, deren großer Verdienst vor G-tt darin besteht, dass sie Israel die Liebe G-ttes gönnen und sich darüber freuen.

 

Möge der Ewige, gelobt sei Er, unseren Glauben durch den Geist Seines Sohnes Jeschua HaMelech HaMaschiach stärken, damit wir in der Liebe und in Geduld zu einander bleiben und in Treue ausharren bis zur Wiederkunft des Herrn, möge er bald und in unseren Tagen kommen! Amen. Sela.

 

 

Midrasch Tehillim 87,6

Vers 4. Ich nenne Rahab und Babel. R. Jehuda bar Simon hat gesagt: Einst werden die Völker dem König Maschiach Geschenke bringen, wie es heißt: Vers 5. Und von Zion wird gesagt: Ein Mann und noch ein Mann ist geboren darin. Das sind die Gesalbten des Ewigen, Maschiach Sohn Davids und der Maschiach Sohn Ephraims. Unter יולד, geboren, ist nichts anderes als Erhebung des Hauptes zu verstehen, sowie es heißt: „Ehe noch die Berge erhoben wurden (יולדו)“ (Tehillim 90,2). Und sie selbst[2] sind dem König Maschiach Geschenke, wie es heißt: „Zu mir vom Libanon, Braut, zu mir von Libanon komme, meine תשורה (Geschenk) vom Haupte Amanahs“ (Schir HaSchirim 4,8). Warum heißt ihr Name[3]תשורה? Weil man sie betrachtet und singt, sowie es heißt: „Nicht besingen wird mich לא תשורני[4] des Schauenden Auge“ (Jiob 7,8). Und wenn sie zum König Maschiach kommen, wird er zu ihnen sagen: Gibt es unter euch Israeliten? Bring sie mir, wie es heißt: „Gebt dem Ewigen die Familiengeschlechter, o Völker“ (Tehillim 96,7), d. i. Völker, bringet mir die Familiengeschlechter Israels.

R. Acha hat gesagt: Nicht auf verächtliche, sondern auf rühmliche Weise, wie es heißt: „Gebet dem Ewigen Ehre und Macht, gebet dem Ewigen Seines Namens Ehre“ (dort V. 7 und 8), d. i. gebet dem Ewigen jene, die Seinen Namen in der Welt geehrt haben.

R. Jehuda, oder, wie manche sagen, R. Berechja im Namen des R. Jehuda hat gesagt: „In derselben Zeit wird dargebracht ein Geschenk (יובלשי)“ (Jeschajahu 18,7).ש''יgibt ב''ם[sie, die Israeliten] durch die Buchstabenversetzung nach At-Basch (בא''ת ב''ש), das will sagen:ש"יist gleich ב"ם, denn alle Völker werden Israel als Geschenke dem König Maschiach zuführen, denn sie werden Israel bringen, wie es heißt: „Und sie werden bringen all eure Brüder aus allen Völkern, als eine Gabe dem Ewigen, auf Rossen und Wagen עגלות, und in Sänften und auf Maultieren und auf Dromedaren“ (Jeschajahu 66,20).

R. Berechja hat gesagt: Die Jünglinge lässt man reiten auf Rossen, und die Schüler, die kraftlos sind, fahren in Waagen עגלות[5], die Frauen und Kinder in Sänften auf Wagen, wie es heißt: „Sechs Wagensänften (עגלות צב)“ (Bemidbar 7,3); die Alten auf Maultieren, weil sie ruhig gehen, und den Greisen unter den Ältesten, weil sie sich nicht stützen können, macht er eine Art Sessel (Stuhl) und überzieht sie mit Seidenpolstern und sie laden sie auf ihre Schultern und stützen sie auf ihren Händen.

Vers 3. Was heißt: „Ehrenvolles wird in dir geführt“? Sie bringen sie auf ehrenvolle Weise, und wenn sie sich vom König Maschiach verabschieden, so erzählen die Völker vor dem Maschiach von der Ehre Israels und sprechen: Dieser ist ein Priester [כהן], dieser ein Levit [לוי], und dieser ein Israelit. Und warum? Weil sie zu Sklaven verkauft worden waren und ihre vornehme Herkunft wegen Unterdrückung in der Verbannung in Vergessenheit geraten war, und sie haben selbst ihre Herkunft vergessen, weil durch die Bedrückung zu Heiden gemacht worden waren.

R. Eleasar hat gesagt: „Und auch von ihnen werde ich zu Priestern und Leviten nehmen, spricht der Ewige“ (Jeschajahu 66,21), d. i. von den Völkern, die dem König Maschiach die Israeliten bringen, von ihnen bezeichnet er jeden, der ein Priester, oder ein Levit oder ein Israelit ist. „Und auch von ihnen werde ich nehmen“, d. i. von den Bringenden und nicht von den Gebrachten. „Und auch von ihnen werde Ich nehmen, spricht der Ewige.“ Und wo sprach es der Ewige? R. Pinchas der Priester bar Chama hat gesagt: „Das Verborgene ist des Ewigen unseres G-ttes“ (Dwarim 29,28).

[1] Sohar, Chelek Beth, Seite 182a.
[2]Nämlich die Völker der Welt.
[3]Nämlich der Name der Braut.
[4]תשורני wird von שיר abgeleitet.
[5] S. Bereschit Rabba 96,3