Sonntag, 28 Juni 2020 15:27

Der 1. Tammus Empfehlung

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Der 1. Tammus

Auszug aus: “Der biblische Kalender - Monat Tammus“, von Friedrich Weinreb

Der 1. Tammus ist der zweite Neumondstag; denn dieser Neumond hat immer 2 Tage.
Der erste Neumondstag ist der 30. Siwan, der zweite ist der 1. Tammus. Und mit ihm fängt
man an, den Tammus zu zählen. Der Sinn des Tammus fängt mit dem unverstandenen
Mosche an. Man fühlt sich abgeschnitten; und Mosche weiß sich von der Welt wie
vergessen.
Mit dem 1. Tammus fängt nach R. Schimon der Sommer an (Baba Mezia 106b).
Damit meint man auch den Anfang der Tage des Bösen; aber auch die Tage des Altertums.
Es ist die Zeit, da das irdische Wachstum sich seiner Grenzen bewusst wird. Man erkennt
die Bedeutung des Bösen. Denn der Böse macht eben die Grenzen, er lässt nicht zu, dass
man ins Jenseits hineinschauen kann. Und dann kommt dem Menschen der Gedanke, das
Diesseits auszunutzen. Er will dann hier König sein, will hier Macht besitzen, will hier
gesund sein. Was auch weiter sein mag, er will alles hier. Das ist dann der Übermut und
der Hochmut, wenn er den Ertrag dieser Welt als Sinn von allem sucht. Dies geht also alles
zusammen mit dem Vergessen von Mosche und dem Verlieren des Wortes. Der Sommer
fordert darum auf, es sich hier behaglich zu machen. Man will nicht an “nachher“ denken.
Man ist bereit, sogar “über Leichen“ zu gehen, wenn das Gefühl des Behaglichen hier
gestört wird. Der Sartan, der Krebs, frisst die „kleinen Fische“. Man sieht nur das Zeitliche.
Das ist das Klare, das uns das Licht der Sonne schenkt. Die Sonne aber als “schemesch“
ist Diener Gʻttes, damit der Ertrag hier eingeholt werden kann. Und man bedenkt nicht,
dass dann neue Phasen folgen, dass das Leben viel mehr enthält, als man sich hier
vorstellen kann. Denn der Ertrag wird doch endgültig das Brot, das Beth Lechem, das Haus
vom Brot. Und demgemäß die anderen Früchte der Ernte.
Am 1. Tammus ist nach Auffassung mancher Weisen der Überlieferung der Tag, an dem Awraham an sich die
Beschneidung vorgenommen hat. Andere sagen, es sei am Jom Kippur, also am 10. Tischrej, und wieder
andere nennen den 13. Nissan.
Die Beschneidung ist die Möglichkeit, verborgene Schichten zu erfassen. Ein
Unbeschnittener, ein “orel“, 70-200-30, kann das Verborgene also nie fassen. Gemeint ist,
das der Mensch im Leib, in der Nefesch, spürt, er könne sich sehnen, tiefer zu schauen,
mit dem Wort tiefere Schichten des Lebens zu erfahren. Die Beschneidung, “mila“, nimmt
den Menschen ein Brett vor den Augen weg. Ohne dass er sich anstrengen muss, sieht
und erlebt er Dinge, die für ihn unzugänglich waren. Es sind Momente im Leben, manchmal
ein Wort, ein anderes Mal eine Begegnung, die ihm geschenkt werden und die ihn zu
einem neuen Menschen werden lassen.
 Nur Awraham beschneidet sich selber. Eben, weil Awraham den Glauben, die
“emunah“ erlebt. Wenn man den Glauben bis ins konkrete Alltägliche durchbrechen lässt,
kann es sein, dass die “orla“ die blindmachende Haut verschwindet. Sonst aber ist es so,
dass ein anderer es an jemandem vornimmt. Es bedarf einer Begegnung; mit einem
Lehrer, einem Freund, einem Buch, gewissen Worten, um diese Beschneidung im
Menschen stattfinden zu lassen. Die Beschneidung am Körper zeigt, dass es bis ins Letzte,
dort Äußerste geht. Bis dorthin soll das Neue kommen. Denn die Erlösung ist erst dann
Wirklichkeit geworden, wenn sie sich bis ins Letzte manifestiert. Bis in alle Tiere, in allen
Pflanzen, ja, bis zur Erde, den Steinen, der Luft, dem Wasser. Und bis zu allem, was gelebt
hat in der Zeit, jetzt in Ewigkeit lebt, mit seiner ganzen Individualität.
 Die Beschneidung findet am 8. Tag nach der Geburt statt. Am 7. Tag, also auch in der
Welt der Zeitlichkeit, ist die Verhüllung noch da. Erst nach diesem 7. Tag, also am 8. Tag,
findet sie statt. Und es ist der Prophet Elijahu, der dann als Zeuge anwesend ist. Denn
Elijahu ist der Verkünder des Maschiach. Und dieser kommt am 8. Tag. Deshalb ist es
Brauch, einen Stuhl für Elijahu bereitzustellen, einen Stuhl, der hier leer bleibt, eben weil
der Verkünder bei jeder Beschneidung darauf sitzt. Ein Zeichen des Bundes von Zeit und
Ewigkeit. Die Handlung heißt deshalb auch “brith“, 2-200-10-400, “Bund“.
 Man kann also den “Bris“, wie wir es aussprechen, nicht nur als einen körperlichen
Eingriff sehen, genausowenig nur als ein Geistiges verstehen. Denn am 8. Tag der Welt,
beim Maschiach, sind beide “eins“ geworden. Also verbunden; ein Bund ist entstanden. So
heißen die Tafeln am Sinai auch die “beide Tafeln des Bundes“, des Bris.
Am 1. Tammus wird, nach einer Meinung in der Überlieferung, Josef geboren.
Diese Mitteilung in der Überlieferung zeigt im Monat mit dem Namen Jehuda auch gerade
die Geburt von der anderen Mutter, von Rachel. So sind beide am Anfang des Tammus da.
Die Kumulation im Tammus, das goldene Kalb, der Untergang von Jerushalajim, doppelt
sogar, zeigt schon die Heilung, bevor die Schläge kommen, die Stütze, bevor der Fall
eintritt. Als ob Jehuda nicht alleingelassen bleiben soll, meldet sich Josef gleich am
Monatsbeginn im Zeichen von Jehuda. So werden auch die beiden Mütter, Rachel und Lea
vereint. Denn durch Laban kam die Spaltung der zwei Mütter, der Mond hat die Zeit so
eingerichet, dass die eine Seite, die Vergangenheit, als Gegenseite die Zukunft erhielt.
Jetzt sind sie aber, da der Untergang droht, beide da.

Gelesen 1241 mal Letzte Änderung am Montag, 29 Juni 2020 06:42

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