Paraschat “SCHʻMOT“ Empfehlung

03. Januar 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Schemot

ב"ה

Paraschat “SCHʻMOT“

aus:
Belebende Parascha
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart
von Rabbiner Benjamin Sufiev

EIN VOLK
Als Mosche noch der ägyptische Prinz war, ging er einst zu seinen Brüdern auf's Feld und
sah, wie ein Ägypter grausam auf einen hebräischen Sklaven einschlug. Darauf tötete
Mosche den Ägypter. Am nächsten Tag traf er zwei seiner Brüder, die stritten. Er mischte
sich ein: „Warum schlägst du deinen Nächsten?“ In seiner Grobheit erwiderte ihm der
Hebräer: „Meinst du mich zu töten, wie du den Ägypter getötet hast?“ Die Thora schildert
weiter, dass die zwei Hebräer Mosche bei Par‘o für den Mord verraten hatten - „Und
Mosche fürchtete sich und sprach: ,Fürwahr, die Sache ist bekannt geworden!‘“

Der Midrasch (Tanchuma, Sch‘mot 10) erklärt, dass Mosche nicht nur um sein eigenes
Schicksal bangte; es ging um das Schicksal des gesamten jüdischen Volkes! - „Wenn
zwischen euch böse Rede ist, wie wollt ihr der Erlösung aus der Sklaverei würdig sein?“
Laut einem anderen Midrasch (Sch‘mot Rabba, Absatz 1,30) wurde Mosche nun klar,
aus welchem Grund Israel dieses Elend erleiden musste: Mosche verstand bisher nicht,
welche Sünden Israel begangen hatte, dass gerade es von allen Völkern versklavt wurde.
Nach diesem Vorfall aber wurde ihm klar: „Die böse Rede ist zwischen ihnen, wie auch
verdienen sie die Freiheit?“

Ein strenges Verbot

Die böse Rede ist sicherlich ein schwerwiegendes Verbot. Dem Talmud (Arachin 15b) gilt
sogar jemand, der seinem Nächsten böse nachredet, als Leugner der gesamten Thora.
Doch bekanntlich betrieb das jüdische Volk in Ägypten auch Götzendienst. Und trotzdem
sah Mosche gerade in der bösen Rede einen rechtfertigenden Grund für die Sklaverei,
nicht aber im Götzendienst, da er in großer Verwunderung sprach, woran sich denn das
jüdische Volk versündigt hatte, dass gerade es von allen versklavt worden war.
War denn die Sünde des Götzendienstes nicht Grund genug, um die Erlösung Israels
zu verhindern?

Die Erklärung dazu verbirgt sich in dem eigentlichen Grund für die Erlösung aus
Ägypten. Rambam erläutert in seiner Schilderung der Geschichte des jüdischen Volkes
(Hilchot Awoda Sara, Kapitel 1), dass die Erzväter ihren Söhnen den Glauben an den
Einen G‘tt vererbt hatten, und so entstand ein Volk, das G‘tt erkannte. Dann aber verblieb
Israel für lange Zeit in Ägypten und eignete sich den Götzendienst an, so dass G‘tt kam
und Israel zu Seinem Erbe erwählte.

Die Wahl G‘ttes

Die Volkswerdung Israels von der ägyptischen Sklaverei hing von den Taten der Hebräer
ab, nämlich „ein Volk, das G‘tt erkannte“ zu sein, und dieser gemeinsame Nenner vereinte
Israel zu einem Volk. Angesichts dessen aber verschwand dieses Volk in Ägypten, als der
Glaube an den Einen G‘tt durch den Götzendienst verdrängt wurde. Nun war es ein Volk,
das fremden Göttern anhing.

Vor dem Exodus aus Ägypten aber veränderte sich die Beziehung G‘ttes zum
jüdischen Volk. Denn nun machte G‘tt Israel zu Seinem Volk, nicht seiner Taten wegen (sie
waren ja Götzendiener), sondern nur, weil dies Sein Wille war! Deshalb bildete die
Tatsache, dass das jüdische Volk Götzendienst betrieb, kein Hindernis für die Erlösung aus
Ägypten.

Nur durch Vereinigung!

Aber anders verhält es sich mit der bösen Rede. G‘tt erwählte die Hebräer zu Seinem Volk,
ungeachtet ihrer Taten, doch mit einer Voraussetzung: Es musste ein Volk bilden (eine
Einheit), das gewählt werden kann. G‘tt kann die Hebräer nur dann zu Seinem Volk
ernennen, wenn sie das Kriterium für „ein Volk“ erfüllen, nämlich Einheit und Verbundenheit
(denn das bedeutet „Volk“)!

Aber die böse Rede sprengt „ein Volk“, denn sie sät Hass und Streitigkeit. Dadurch
wird das Volk-sein in Frage gestellt und somit auch seine Auserwählung und Erlösung! Das
befürchtete Mosche: Nun seien die Hebräer nicht mehr der Erlösung würdig!

Aber die 210-jährige Sklaverei in Ägypten rückte die Kinder Israels dennoch näher,
indem sie (im Allgemeinen) ihren Hochmut und ihre Streitigkeiten minderte und sie so zu
Einem Volk wurden, so dass G‘tt sie zu Seinem Erbe erwählte, Sein Volk Israel für alle
Ewigkeit!
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 34)