Paraschat „WAJECHI“ Empfehlung

13. Dezember 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Wajechi

ב"ה

Paraschat „WAJECHI“

aus:
Belebende Parascha
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart
von Rabbiner Benjamin Sufiev

Jaakows Offenbarung

Vor seinem Tod versammelte Jaakow alle seine Söhne um sich und sagte ihnen:
Versammelt euch und ich werde euch offenbaren, was euch am Ende der Tage
widerfahren wird (Bereschit 49:1). Doch Jaakow hielt sein Versprechen nicht ein, ihnen die
Zukunft offen zu legen, und segnete statt dessen jeden seiner Söhne.

Was wollte ihnen denn Jaakow offenbaren und warum tat er es doch nicht? Erklärt der
Talmud: „Er wollte ihnen offenbaren, wann die Erlösung kommt, doch G‘tt nahm ihm
plötzlich dieses Wissen weg“ (Talmud Pesachim 56a).

Die Absicht Jaakows scheint merkwürdig: Welchen Nutzen hätte es für die Söhne zu
wissen, dass die Erlösung erst nach mehreren tausend Jahren kommt (und wir sind selbst
Zeugen dafür, dass die Erlösung noch immer nicht gekommen ist)? Sie und ihre
Nachkommen (das jüdische Volk) hätte dieses Wissen doch nur deprimiert und demotiviert.
Sie würden nicht mehr auf die Erlösung warten und auf sie hoffen! Wollte das Jaakow etwa
bewirken?

Zwei Varianten

Um Jaakows Absicht zu verstehen, liegt es an uns, die zwei Varianten
kennenzulernen, wie die Erlösung eintreffen kann. Der Talmud sagt: „Wenn sie es sich
verdienen, werde Ich die Erlösung schneller bringen; wenn sie es sich nicht verdienen,
kommt sie zu ihrer festgelegten Zeit“ (Talmud Sanhedrin 88a).

Die Erlösung hat zwar einen bereits festgelegten Zeitpunkt, und auch wenn das
jüdische Volk ihrer nicht würdig ist, wird sie zu diesem Zeitpunkt eintreffen; doch sollte es
sich das jüdische Volk verdienen, wird G‘tt sie um vieles früher bringen.

Jaakow wollte seinen Söhnen nicht den Zeitpunkt verraten, an dem die Erlösung
spätestens kommt, sondern einen anderen Zeitpunkt, der viel früher war und an dem die
Erlösung hätte eintreffen können, wenn sie es sich verdient hätten. Wahrscheinlich war
dieser Zeitpunkt nur Jahre oder wenige Jahrzehnte von ihnen entfernt (denn sonst hätte es
ja keinen Sinn, ihnen davon zu erzählen).

Hätten sie es nur gewusst ...

Doch wann sollte dieser Zeitpunkt gewesen sein? Wir sehen doch, dass die Erlösung
damals nicht eingetroffen ist! Das eine hängt mit dem anderen zusammen: Hätte Jaakow
seinen Söhnen jenen Zeitpunkt der Erlösung verraten, würde sie wirklich zu jenem
Zeitpunkt eintreffen, doch da ihm dies nicht möglich war, verzögert sich die Erlösung bis
heute.

Denn wüssten die Söhne, wie nahe die Erlösung war, hätten sie auf jede kleine Tat
geachtet, dass sie auch tadellos sei, und dann wären sie auch der Erlösung zu jenem
Zeitpunkt würdig gewesen. Allein das Wissen über die bevorstehende Erlösung hätte sie
motiviert, alles zu tun, um diesen Zeitpunkt nicht zu versäumen.

G‘ttes Weitblick

Deshalb wollte Jaakow seinen Söhnen jenen besonderen Zeitpunkt der Erlösung
verraten, damit sich seine Söhne darauf vorbereiten könnten. Doch G‘tt hinderte ihn daran.
Denn Er erwartet von dem Menschen, dass er Ihm aus eigenen Kräften dient und dabei die
Beschränkungen dieser Welt berücksichtigt. Nur dies bringt ihn zu seiner menschlichen
Reife und macht ihn zu einem wahren G‘ttesdiener. Die Offenbarung Jaakows hätte diesem
Prinzip widersprochen.

Dies wusste zwar Jaakow auch, doch er wollte um jeden Preis die Erlösung
beschleunigen, um seinem Volk all die zukünftigen Qualen zu ersparen. Doch G‘ttes
Weitblick ist unergründlich und Er weiß, dass es für das Beste des Menschen ist, wenn er
sich die Erlösung (wie auch alle anderen guten Dinge) aus eigener Kraft verdient. Dieses
Privileg wollte Er dem Volk Israel nicht nehmen und hinderte deshalb Jaakow bei seiner
Offenbarung über die bevorstehende Erlösung.

Anhand aller biblischen Zeichen (siehe Talmud Sota, am Ende) wissen wir, dass die
Erlösung umgehend auf uns zukommt. Somit lernen wir von Jaakows Absicht, wie wichtig
es ist, unseren Mitmenschen kundzutun, dass die Erlösung unmittelbar bevorsteht, damit
sie sich darauf vorbereiten können!

(Likutej Sichot, Band 20, Seite 228)

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