Paraschat “Balak“ Empfehlung

20. Juni 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Balak

ב"ה

Paraschat “Balak“

Auszug aus: Zeitlos aktuell - Gedanken zum Wochenabschnitt, von Dr. Zwi Braun

Mit Löwenkraft

Siehe, ein Volk, wie eine Löwin steht es auf, wie ein Löwe erhebt es sich, der sich nicht
niederlegt, bis es Fang verzehrt und Blut der Erschlagenen getrunken“ (Bamidbar 23:24).

Siehe, ein Volk - hen Am - wird hier zum zweiten Mal von Bilam in seinen
Prophezeiungen über Am Israel verwendet. In Vers 9 lesen wir: “... Siehe ein Volk, allein
wird es wohnen und lässt sich nicht unter die Völker rechnen.“ Es ist kein Zufall, dass wir
für diese zwei Verse dieselbe Formulierung finden. Gerade in der Bewahrung seiner
jüdischen Identität und Eigenart findet das jüdische Volk seine Kraft zum Überleben, den
Feinden und Widersachern zu trotzen. In der Assimilation und völligen Anpassung verliert
sich schnell jegliche jüdische Spur.

Der Targum Onkelos, den auch Raschi als eine von drei Deutungen zitiert, bezieht
diese Aussage Bilams auf die Zeit der Landnahme. Gegen den Widerstand der Kenaʻaniter
wird das Volk auf Geheiß Gʻttes das ihm zugesprochene Land in Besitz nehmen. Aus
einem Volk von Sklaven ist eine Nation entstanden, die sich verteidigen kann und nicht
mehr hilflos seinen Feinden und Unterdrückern ausgeliefert ist. Damit hat Bilam einen
prophetischen Blick bis in unser Jahrtausend getan!

Als weitere Möglichkeit deutet Raschi diesen Vers als Anspielung auf den kurz
bevorstehenden Krieg mit den fünf midjanitischen Königen (Bamidbar 25:16ff). Unser Vers
beginnt mit einem “He“ (= 5) und endet mit einem He, nach manchen Kommentatoren eine
Anspielung auf diese fünf Könige (HaRokeach, Baal haTurim).

In erster Linie versteht doch Raschi diesen Passuk symbolisch. Nicht das Volk in
seiner Gesamtheit, sondern seine einzelnen Repräsentanten sind gemeint. Er zitiert den
Midrasch Tanchuma:

“Wenn sie am Morgen sich vom Schlaf erheben, stärken sie sich wie eine Löwin und
ein Löwe, wenden sich den Mizwot zu, lesen das Kriat Schma und legen Tefillin an ... und
am Abend legen sie sich nach dem Kriat Schma schlafen ... und Gʻtt behütet sie, kämpft
ihre Kämpfe und fällt ihre Feinde.“

Für Raschi steht in diesem Fall nicht der Pʻschat (die wortgetreue Auslegung) im
Vordergrund, sondern der Dʻrasch. Wohl kannte das Volk in der Vergangenheit den Kampf
auf dem Schlachtfeld mit seinen Feinden, doch in der Galut liegt seine Verteidigungskraft
vor allem im Geistigen: Tallit, Tefillin und das Gebet stärken das Volk und helfen ihm, zu
überleben.

Der Schulchan Aruch beginnt seine Vorschriftensammlung mit den folgenden Worten:
“Der Mensch stärke sich wie ein Löwe am Morgen für den Dienst vor seinem
Schöpfer ...“ (Orach Chajim 1:1). In Pirke Awot taucht dieser Vergleich ebenfalls auf:

Jehuda ben Tema sagte: Sei kühn wie ein Leopard, leicht wie ein Adler, rasch wie ein
Hirsch und stark wie der Löwe, den Willen deines Vaters im Himmel auszuführen“ (5:23).

Rabbiner Samson Raphael Hirsch kommentiert:
„Kühn wie der Leopard gegen jede Ablockung vom Guten und Verlockung zum Bösen.
Leicht wie der Adler zum Aufschwung zu Gʻtt über alle Widerwärtigkeiten. Rasch wie der
Hirsch, kein Zaudern und kein Bedenken kenne, wo es gilt, deine Pflicht zu erfüllen. Stark
wie der Löwe zur Überwindung aller äußeren und inneren Hindernisse.“

Der Maggid von Mesritsch, nach dem Baal Schem Tov der führende Lehrer des
Chassidismus, kommentiert die Verwendung der zwei Begriffe Löwin und Löwe sowie das
“steht auf“ und “erhebt sich“ wie folgt: Der Löwe besitzt mehr Kraft als die Löwin. Wenn der
Mensch seine Kräfte zusammennimmt, einen Anfang wagt, so kommt Gʻtt ihm entgegen,
verleiht ihm zusätzliche Energien so dass er sich wie ein Löwe erhebt für den Dienst an
und vor Gʻtt!

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