Paraschat “BAMIDBAR“ Empfehlung

09. Mai 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Bemidbar

ב"ה

Paraschat “BAMIDBAR“

Belebende Parascha
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart
von Rabbiner Benjamin Sufiev
(Auszug)

EINE SACHE DER QUANTITÄT

„Nicht auf die Quantität kommt es an, sondern auf die Qualität“ - diese gängige Aussage ist
wohl jedem bekannt. Und es mag viel Wahrheit in ihr liegen, aber das erste Gebot im
vierten Buch Mose - Bamidbar - zeigt, dass dies nicht in jedem Fall zutrifft. Die Thora
gebietet, eine Volkszählung durchzuführen.

Analytisch betrachtet spiegelt die Aufzählung von Subjekten keinesfalls ihre Qualität
wider. Bei einer Aufzählung werden nicht die Details des Individuums berücksichtigt, jedes
hat den gleichen Stand. Die Aufzählung also drückt nur den zahlenmäßigen Aspekt des
Ganzen aus, nur eine äußerliche Betrachtung der Dinge.

So verhält es sich auch mit unserem Gebot. Nur die Größe des jüdischen Volkes soll
erfahren werden, wobei die Besonderheiten und Leistungen des Einzelnen, selbst des
Führers Mose, verloren gehen. Dennoch aber schreibt die Thora dem Gebot der
Volkszählung eine enorme Wichtigkeit zu, so dass selbst das ganze vierte Buch Mose
“Buch der Aufzählung“ genannt wird.

Qualität durch Quantität

Einer der Gründe dafür ist diese Regel aus talmudischer Quelle: “Das Subjekt in einer
‘Gemeinschaft‘ kann nicht annuliert werden“ (Talmud Bejza 3b). D.h. Individuen, die gezählt
werden, können nicht für nichtig erklärt werden. Die Aufzählung also verleiht dem Subjekt
Wichtigkeit und Bestand. Demzufolge aber zeugt die Aufzählung doch nur von der
Wichtigkeit des Subjekts, wie sie das Subjekt als Individuum auch schon hat. Worin liegt
die Besonderheit der Aufzählung selbst?

Tatsächlich aber verleiht die Aufzählung den Subkjekten eine Wichtigkeit, welche sie
als Individuen nicht hätten erreichen können. Hierbei herrscht eine enge Verbindung
zwischen der Quantität und Qualität einer Sache. Die Festlegung der Quantität führt zu
einer besseren Qualität des Subjekts. Deshalb verleiht die Aufzählung, welche die Anzahl
wiedergibt, dem Subjekt eine bessere Qualität.

Besondere Zustände

Das klassische Beispiel hierfür ist der Minjan (Gebetsgemeinschaft), bei dem aus Quantität
Qualität wird. Es spielt überhaupt keine Rolle, welche Art von Juden sich zu einem Minjan
versammeln; in dem Augenblick, in dem sich zehn jüdische Männer zusammengetan
haben, haben wir einen völlig anderen Zustand - auf einmal ruht die G‘ttesgegenwart über
ihnen, und Gebete größter Heiligkeit, wie das Kaddisch oder die Keduscha, können
gesprochen werden. So auch verhält es sich beim Simun (der Einladung zum Tischgebet).
Ab drei jüdischen Männern kann der Simun gesprochen werden, und ab zehn wird dabei
sogar der Name G‘ttes erwähnt.

Auf Ähnliches stoßen wir auch bei dem Erhalten der Thora, welche ausgerechnet
“sechshunderttausend Mann“ übergeben wurde. Hätte auch nur einer gefehlt, und sei es
selbst der einfachste unter den einfachen, wäre die Thora auch nicht dem größten Zaddik
übergeben worden (Jalkut Schimoni, Schmot, Kapitel 19, Abschnitt 280). So besonders ist
dieser Zustand, dass unsere Gelehrten einen eigenen Segensspruch beim Anblick der
Gemeinschaft von sechshunderttausend Juden festlegten (Talmud Brachot 28a) - “Der alle
Geheimnisse und Tiefen kennt“.

Die Tat ist die Hauptsache

Nicht also auf die Qualität kommt es an, sondern auf die Quantität, denn Quantität bildet
Qualität!

Heutzutage trifft das besonders zu. Viele Juden haben nicht einmal Grundkenntnisse
über ihr Judentum und sicherlich erfüllen sie keine Mitzwot. Somit liegt es an jedem, sich
darum zu bemühen, mit so vielen Juden wie möglich auch nur eine Mitzwa zu erfüllen.
Auch wenn ein Jude ihren Sinn noch nicht versteht, darf deswegen das Erfüllen der Mitzwa
nicht hinausgezögert werden. Sondern man kann ihm Tefillin anlegen oder mit ihm einen
Segensspruch sprechen, denn die Betonung liegt eben auf der Quantität. Und je mehr
Juden durch Mitzwot an ihren Schöpfer gebunden werden, desto besser wird die
“allgemeine jüdische Qualität“. Durch eine groß angelegte Erfüllung der Mitzwot von
zahlreichen Juden erhebt sich das jüdische Volk auf einen höheren Zustand und führt die
vollkommene Erlösung herbei, sofort in unseren Tagen!

(Likutej Sichot, Band 2, Seite 293)