Fünfzig Tore Empfehlung

12. Mai 2024 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Emor

ב"ה

Paraschat “EMOR“ 

Belebende Parascha 
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart 
von Rabbiner Benjamin Sufiev 

Band II 
FÜNFZIG TORE 

Der Wochenabschnitt „Emor“ wird immer während der Omerzählung (die Tage zwischen 
Pessach und Schawuot) rezitiert, und in ihm selbst wird das Gebot des Omerzählens 
erwähnt: Und ihr sollt zählen ... sieben volle Wochen seien es (Wajikra 23:15). Einen Vers 
später heißt es: Zählet fünfzig Tage

Dabei fällt gleich auf: „Sieben volle Wochen“ sind neunundvierzig Tage (wie wir auch 
tatsächlich bis zum Schawuotfest zählen); was meint die Thora mit „Zählet fünfzig Tage“?!
Auch die Zählungsweise, wie sie in allen Gebetbüchern zu finden ist, macht auf sich
aufmerksam. Wir zählen nicht: „erster Tag des Omer“, „zweiter Tag des Omer“ usw.,
sondern: „ein Tag des Omer“, zwei Tage des Omer usw. Was verbirgt sich hinter dieser
Zählungsart?

Der Reinigungsprozess

Um dies zu verstehen, liegt es an uns, in der Geschichte zurückzugehen, und zwar zur
allerersten Omerzählung, die die Kinder Israels mit dem Auszug aus Ägypten vollzogen
hatten. Der einfachen Erklärung zufolge zählten die Kinder Israels jene Tage, weil sie voller
Sehnsucht den Erhalt der Thora am Schawuotfest erwarteten. Deshalb zählten sie Tag für
Tag, der großen Aufregung wegen. Die jüdische Mystik aber enthüllt uns, dass die Omer-
Zählung des jüdischen Volkes noch einen viel tieferen Sinn hatte (Sohar III 97a)!

Die 210-jährige Sklaverei in Ägypten hatte große Auswirkungen auf die Kinder Israels.
Sie lernten von den Sitten der Ägypter und ihren Gräueltaten - G‘ttes Volk war in der
Götzenwelt Ägyptens fast vollkommen versunken. Unsere Meister lehren sogar, dass wenn
G‘tt ihre Erlösung auch nur um etwas verzögert hätte, die Kinder Israels für immer verloren
gewesen wären! Die Kabbala bezeichnet jenen Zustand, in dem sich die Kinder Israels
befanden, die neunundvierzig Tore der Unreinheit (Sohar Chadasch, Jitro, am Anfang).

Dieser Zustand des jüdischen Volkes machte das Erhalten der Thora nach dem
Auszug aus Ägypten unmöglich. Deshalb zählten die Kinder Israels neunundvierzig Tage,
an denen sie sich von jener Unreinheit lösen sollten, um am Ende dieser die Thora zu
erhalten! Von Tag zu Tag entfernten sie sich von noch einer bösen Kraft und jedes Mal
stiegen sie eine weitere Ebene in der Heiligkeit auf - sie durchschritten ein weiteres Tor der
„neunundvierzig Tore der Reinheit“!

Jahr für Jahr

Dieser Prozess der geistigen Reinigung fand nicht nur damals statt, sondern wiederholt
sich Jahr für Jahr (Sefer HaMaamarim, Jahrgang 5711). In den Tagen zwischen Pessach
und Schawuot sollen auch wir uns reinigen und mit jedem Tag ein weiteres „Tor der
Reinheit“ beschreiten. Mit jedem Tag lösen wir uns von einer weiteren Eigenschaft, die
besser sein könnte. Wir setzen uns mit unseren charakteristischen Schwächen
auseinander, begreifen und verbessern sie; denn die Aufgabe in jener Zeit ist, ein
verbessertes Verhältnis zu G‘tt und unseren Mitmenschen aufzubauen!

Nun wird verständlich, warum bei der Omerzählung jeder Tag für sich selbst gezählt
wird - „ein Tag“, „zwei Tage“ usw., und nicht „erster Tag“ usw. Denn die neunundvierzig
Tage entsprechen den „neunundvierzig Toren der Reinheit“. Mit jedem weiteren gezählten
Tag deuten wir die Anzahl der Tore an, die wir bereits erreicht und durchschritten haben -
am ersten Tag „ein Tor“, am zweiten Tag „zwei Tore“ usw.

Ein Himmelsgeschenk

Die Möglichkeiten des Menschen sind aber begrenzt. Wie sehr wir auch danach streben,
uns zu perfektionieren - mit dem neunundvierzigsten Tor haben wir schon eine solch hohe
Stufe der Reinheit betreten, die an unsere menschlichen Möglichkeiten grenzt. Das
fünfzigste Tor jedoch überschreitet diese Grenze!

Doch G‘tt, der unseren Fortschritt in den vorigen Tagen gesehen hat, schenkt uns das
fünzigste Tor - die höchste Stufe der Reinheit, verkörpert durch die „Offenbarung am Sinai“,
nachdem wir mit unseren eigenen Kräften die „neundvierzig Tore der Reinheit“ erreicht
haben!

Somit also zählen wir unsere neunundvierzig Tage und erreichen dennoch fünfzig, da
uns das letzte Tor G‘tt beschreiten lässt, wenn Er uns aufs Neue die Thora übergibt.

(Likutej Sichot, Band 3, Seite 995)

 

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