Paraschat “Bo“ (5777) Empfehlung

26. Januar 2020 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Bo

ב"ה

Paraschat “Bo“ (5777) פרשת בא

Auszug aus: “Zeitlos aktuell“, von Dr. Zwi Braun
„Und das soll dir zum Zeichen an deiner Hand und zum Gedächtnis zwischen deinen Augen sein, damit Gʻttes Lehre der Inhalt deines Mundes werde, dass mit starker Hand Gʻtt dich aus Mizrajim hinausgeführt“ (Schʻmot 13:9).

Hier ist die Rede von den Tefillin, den Gebetsriemen, welche der Jude jeden Tag anlegt, außer an Schabbat und Jom Tov. Am Ende unseres Wochenabschnitts ist erneut von ihnen die Rede (13:16) und im fünften Buch der Torah erwähnen zwei weitere Kapitel diese Mizwa (6:4-9; 11:13-21). Der Talmud bestimmt den linken Oberarm als die Stelle, an der die Tefillin ʻschel Jadʻ festzubinden sind (Menachot 36b). Bewusst ist es die linke und normalerweise schwächere Hand, welche an die starke Hand Gʻttes beim Auszug aus Mizrajim erinnern soll. Im Hallel-Gebet (Tehillim 118:8) ist von der Rechten Gʻttes die Rede, die hoch erhoben ist und Gewaltiges vollbringt. Rabbiner S.R. Hirsch bemerkt dazu:

“Wir hatten keine Hand in dieser Erlösung. Nur Gʻttes Hand war für uns stark. Nur dieser Hand verdanken wir die Wiedererlangung unserer Hand, die in Mizrajim nicht unser war. Wir erhielten sie aber nur unter der Bedingung wieder, um die durch Gʻtt frei gewordenen Hand fortan nur in Seinem Dienst zu verwenden.“

Nicht aus eigener Kraft befreite sich das Volk aus Mizrajim. Ja, sogar gegen ihren Willen mußte Gʻtt die Bnej Israel aus der Sklaverei hinausführen. Neben dem Widerstand der Mizrim mussten auch die Mutlosigkeit und Angst der Juden überwunden werden. So versteht der Haʻamek Dawar die starke Hand Gʻttes. An einer anderen Stelle sieht die Torah voraus, dass einst zukünftige Generationen diese Ereignisse vergessen und umdeuten könnten: “Du wirst in deinem Herzen sprechen, meine Kraft und die Mächtigkeit meiner Hand hat mir dieses Vermögen geschaffen“ (Dewarim 8: 17). Doch da erinnern die Tefillin an der linken Hand uns daran, wem wir unsere Existenz als freies Volk zu verdanken haben.

In seinen Betrachtungen zur Symbolik (Entsprechung) der Mizwot (Gesammelte Schriften III) vergleicht Rabbiner Hirsch das Gehäuse (Bajit) der Tefillin ʻschel Jadʻ und der Tefillin ʻschel Roschʻ mit dem “Haus“, welches das Volk in der Wüste Gʻtt baut. So wie im Stiftzelt die Bundeslade der Torah eine Ruhestätte bietet, so findet die Torah ihr “Zuhause“ in den getragenen Tefillin. Für Haʻamek Dawar entsprechen die Tefillin am Kopf der schriftlich überlieferten Lehre, der Torah und der anderen Bücher des Tanach. Die Tefillin am Arm, die man bedeckt, stehen für die mündliche Lehre, Mischna und Gemara. “Und es sehen alle Nationen der Erde, dass Gʻttes Name über dich genannt ist, und fürchten sich vor dir“ (Dewarim 28:10). Diesen Passuk deuten unsere Weisen als Hinweis auf die für alle sichtbar getragenen Tefillin am Kopf.

Was enthalten die Tefillin? Wir finden in ihnen die vier Abschnitte der Torah, in denen von den Gebetsriemen die Rede ist. Während in den Tefillin am Arm alle vier Abschnitte auf einem Blatt geschrieben sind, enthält das Gehäuse am Kopf vier Fächer, in denen sich jeweils ein Abschnitt befindet. Dieser Vorschrift lässt sich eine wichtige Botschaft entnehmen. Was die Deutung der Mizwot betrifft, so ist im Judentum Platz für verschiedene Auffassungen und Denkansätze vorhanden. Außer den 13 Glaubensartikeln von Maimonides kennen wir keine “alleinseligmachende Dogmen“. Der Midrasch bemerkt, dass die Torah 70 Aspekte aufweise, und er versteht darunter die Vielzahl der Interpretationsmöglichkeiten (Bamidbar Rabba 13:15). Wenn es jedoch um die praktische Umsetzung der Gebote geht, so gibt es in der Regel nur eine halachische Festlegung, welche für alle bindend ist. Dieser entsprechen die Gebetsriemen an der Hand, dem ausführenden Körperteil.

Judentum ist zuallererst eine Religion der Tat, ist praktiziertes Leben. In den Sprüchen der Väter ist dies so formuliert: “Wessen Taten zahlreicher sind als seine Weisheit, dessen Weisheit hat keinen Bestand“ (3:12). Ferner lesen wir: “Nicht die Deutung ist die Hauptsache, sondern das Handeln“ (1:17). Denken und Handeln, beides fordert die Torah von uns, erst dann sind wir vollständig und “ganz“ in ihren Augen.

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