Paraschat Tezawe (5777) Empfehlung

16. Februar 2020 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Tetzawe

ב"ה

Paraschat Tezawe תצוה
Auszug aus: “Studien zu den wöchentlichen Torah-Vorlesungen“, von Nechama Leibowitz

Timna park: tabernacle kohen gadol

(Quelle: Wikimedia Commons: Timna: Stiftshütte, Hoherpriester

Alle Gebote und Verbote in dieser Sidra sind an
Aharon und seine Nachkommen gerichtet, d.h. aufs
Priestertum bezogen. Dies allein begründet noch
nicht die Einzigartigkeit von Tezawe. Besonders ist
vielmehr, dass darin der Name Mosches nicht
vorkommt, was nach der Erwähnung seiner Geburt
in Schʻmot bis zum Abschluss der Torah in keiner
anderen Sidra der Fall ist. Manche Kommentatoren
sahen darin eine gezielte Hervorhebung Aharons,
was durch die, wie Umberto Cassuto betont,
siebenmalige Nennung von dessen Namen in
Tezawe noch unterstrichen wird.
Andere, wie etwa Rabbi Anselm Astruc aus dem
14. Jh., sehen in der Absenz Mosches ein Zeichen
für dessen Bescheidenheit.

Die von keiner Einleitung begleitete, ungewöhnliche Anrede “und du
befehle“ (Schʻmot 27:20) steht, so Rabbi Astruc, für das von Gʻtt geforderte und von
Mosche bereitwillig vollzogene Zurücktreten hinter Aharon. Es folgen zwei weitere ähnliche
Anreden: “Und du lass (den Aharon und seine Söhne) sich nähern“ (28:1) sowie “Und du
spreche“ (28:3). Nachmanides sieht darin eine Betonung der Forderung, dass Mosche
dem gʻttlichen Befehl persönlich nachzukommen habe. Cassuto hebt die besondere
Bedeutung des “du“ in jedem der drei gʻttlichen Befehle hervor. Der erste betrifft einen
Befehl, den Mosche ans Volk weitergeben soll; der zweite die Ernennung der Priester,
welche wiederum vom Volkeswillen unabhängig durch Gʻtt selbst beschlossen worden ist;
im dritten schließlich geht es um die Anfertigung der Priestergewänder, die, wie die
Ernennung der Priester selbst, durch Mosche im Namen Gʻttes in die Wege geleitet werden
soll. Rabbi Mosche Alschich verbindet die Besonderheit des “du“ mit dem Umstand,
dass Mosches Name in der Sidra nicht genannt wird. Nachdem das Stiftszelt vom Volk
finanziert wurde, von Bezalel und Oholiav künstlerisch gestaltet worden war und Aharon
und seine Nachkommen als Priester ausersehen wurden, sollte Mosche Trost zuteil werden
dafür, dass er am Stiftszelt keinen persönlichen Anteil hatte. Das von Gʻtt betonte “du“ soll
deshalb die Wichtigkeit gerade von Mosches Rolle betonen: Durch seinen Befehl wird vom
Volk das Öl für das ewige Licht angeschafft, werden die Priester ernannt und mit der
vorgeschriebenen Kleidung eingekleidet.
Die Wichtigkeit dieser Kleider wird, eingeleitet durch den Vers 28:2, betont: “Mache
Kleider deinem Bruder Aharon zur Ehre und zur Pracht.“ Rund vierzig Verse sind in der
Folge den Priestergewändern gewidmet. Der Abschnit endet mit dem Satz: “Und sie sollen
Aharon und seinen Söhnen angelegt sein ..., damit sie nicht Schuld auf sich laden und
sterben“ (Vers 28:43). Raschi lernt daraus, dass der Dienst der Priester ohne ihre
Gewänder ihren Tod bringt, und im Talmud (Sewachim 17a) heißt es: “Während sie ihre
Gewänder tragen, tragen sie ihr Priestertum - tragen sie ihre Gewänder nicht, tragen sie
auch ihr Priestertum nicht.“
Nachmanides zeigt anhand verschiedener anderer Bibelstellen, dass die
Priestergewänder den königlichen Gewändern jener Zeit entsprachen und dass sie
entsprechend den Dienern des Heiligtums “Ehre und Pracht“ verliehen. Eine andere
Erklärung stammt von Benno Jacob, der die von der Torah herzuleitende Sonderstellung
der Kleidung innerhalb der Errungenschaften der menschlichen Zivilisation hervorhebt.
Laut Bereschit 3:21 hat Gʻtt selbst Adam und Chava die ersten Kleider gemacht. Der
Mensch, der nach dem Ebenbild Gʻttes geschaffen ist, soll sich nicht mit seiner natürlichen
Erscheinung begnügen, er soll sich darüber erheben. Entsprechend versehen auch die
Priester ihren heiligen Dienst nicht im gewöhnlicher Kleidung. Denn ihre Arbeit ist nicht Teil
ihres gewöhnlichen Lebens, sie wird nicht spontan und “natürlich“ verrichtet, sondern ist
genau festgelegt. Gʻtt wollte eine klare Unterscheidung des Heiligen vom Gewöhnlichen,
entsprechend ordnete er für die Priester spezielle Kleidung an.
Eine allegorische Erklärung allerdings kann sich damit nicht begnügen, ihr sind die
besonderen Kleider Ausdruck für einen geistigen Zustand. Der Kommentar “Akedat
Jitzchak“ nennt einige Textstellen in der Bibel, wo von Kleidern gesprochen werde, aber
eigentlich die Tugenden gemeint seien.
Den Gedankengang einer Verbindung zwischen äußerem Auftreten und innerer
Bedeutung der Priesterkleidung verfolgt Malbim in seiner Gegenüberstellung der einander
scheinbar widersprechenden Verse 28:2 und 28:3: “Mache Kleider deinem Bruder Aharon
zur Ehre und zur Pracht. Und du rede mit allen Kunstverständigen, jeden den Ich erfüllt mit
dem Geiste der Kunst, dass sie machen die Kleider Aharonʼs ...“ Einfacherweise könnte
man antworten, im ersten Vers sei Mosche als Initiator und Überwacher der Herstellung
angesprochen, während im zweiten Vers von den Handwerkern die Rede ist, die sie
tatsächlich anfertigen. Doch Malbim findet für seinen allegorischen Zugang zu den
Priesterkleidern eine andere Erklärung. Die äußeren Kleider entsprechen einer inneren,
seelischen Kleidung, jener hochgeistigen ʻEhreʻ, die Mosche ihnen durch die Kleider
vermitteln soll. Die tatsächlichen äußeren Kleider dagegen delegiert er an die Handwerker,
die allerdings ihrerseits ʻWeise des Herzensʻ sein müssen, Menschen, deren Weisheit ihre
ganze Seele ausfüllt und von keinem Trieb mehr angefochten wird. “Und diese ʻWeisen des
Herzensʻ, so Malbim, sollen die Kleider Aharons zu seiner Heiligung machen, denn sie
werden alles verstehen, was diese Kleider bedeuten sollen.“

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