Paraschat “TASRIA“ Empfehlung

11. April 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Tasria

ב"ה

Paraschat “TASRIA“

Auszug aus: Zeitlos aktuell - Gedanken zum Wochenabschnitt, von Dr. Zwi Braun

Selbstbekenntnis

Jeder Aussätzige aber, an welchem der Ausschlag haftet, dessen Kleider sollen
eingerissen sein, sein Kopf soll ungeschoren sein, bis über die Lippen soll er sich verhüllen
und “unrein, unrein“ soll er rufen“ (Wajikra 13: 45).

Ein Riss an der Oberbekleidung und das Wachsenlassen der Haare sind zwei Vorschriften,
die auch einen “Awel“ betreffen, einen Menschen, der sich in Trauer um seine verstorbenen
nächsten Angehörigen befindet. Ibn Esra sieht darin einen Hinweis für den Aussätzigen,
seine vorausgegangenen schlechten Taten zu betrauern, welche den Aussatz als Strafe
über ihn gebracht haben. Vielleicht dürfen wir dies auch so auffassen, dass er sich selbst
beklagt, und gleichsam seine schlechten Seiten zu Grabe trägt, um als ein neuer, besserer
Mensch aus dem Geschehenen hervorzugehen.

Das Verhüllen der Lippen können wir als direkten Wink auf das zugrunde liegende
Vergehen auffassen. Wie schon verschiedentlich erwähnt, haben unsere Weisen den
biblischen Aussatz als Strafe vor allem für die üble Nachrede verstanden. Die Lippen,
welche Laschon Hara gesprochen haben, sollen nun bedeckt bleiben und für eine Weile
schweigen. Rabbi Schlomo Kluger bemerkt in seinem Kommentar “Imre Schefer“, dass die
Zunge des Menschen im Gegensatz zu anderen Körperorganen hinter zwei
“Absperrungen“ zu liegen kommt, hinter den Lippen und hinter den Zähnen. Da selbst
diese doppelte Vorsichtsmaßnahme Laschon Hara nicht verhindern konnte, kommt nun die
Bedeckung durch ein Stück Stoff als dritte “Barriere“ hinzu. Hätte der Betroffene rechtzeitig
eine Lebensweisheit von König Schlomo beherzigt, wäre er nicht in diese missliche Lage
gekommen: Wer seinen Mund und seine Zunge hütet, der bewahrt seine Seele vor
Nöten“ (Mischle 21:23).

Was soll das öffentliche Ausrufen seiner Unreinheit bezwecken? Als erste Halacha hält
Rambam in seinen Hilchot Teschuwa fest:

“Wenn der Mensch eine Vorschrift der Tora übertreten hat - sei es ein Gebot oder ein
Verbot, sei es mit Absicht oder aus Versehen - und er tut Teschuwa, kehrt um von seiner
Sünde, so muss er vor Gʻtt ein Sündenbekenntnis ablegen. Denn es heißt: Ein Mann oder
eine Frau, die irgendeine von den Sünden des Menschen begehen, gegen Gʻtt sich zu
veruntreuen und Schuld auf sich geladen haben, sollen die Sünde, die sie begangen,
bekennen (Bamidbar 5: 6-7). Dieser Vers meint das Sündenbekenntnis in Worten. Das
Ablegen des Sündenbekenntnisses ist ein Gebot der Tora“ (1:1). Ferner hält der Rambam
fest: “Für den, der Teschuwa tun will, ist es ein großer Vorzug, wenn er seine Sünden
öffentlich bekennt und den Leuten die Sünden mitteilt, die das Verhältnis des Menschen
zum Mitmenschen betreffen ... Aber bei Sünden, die das Verhältnis des Menschen zu Gʻtt
betreffen, da braucht man seine Sünden nicht bekannt zu machen, ja, es wäre Frechheit,
wenn er sie öffentlich bekenne wollte“ (2:4).

Mit anderen Worten: Was die Tora hier von dem Aussätzigen verlangt, ist der erste
Schritt zur Besserung.

Die Verdoppelung des Wortes “unrein, unrein“ erklärt Rabbi Jeschajahu Horowitz in
seinem Werk “Schnej Luchot Habrit“. Der Talmud bemerkt, das jeder, der versucht, einem
anderen einen Makel anzuhängen, selbst mit diesem Makel behaftet ist - kol hapossel
bemumo possel (Kiduschin 70a). “Unrein, unrein soll er rufen“, kann somit gelesen werden
als: “Es ist der Unreine, der andere als unrein bezeichnet.“ Oft haften die Fehler, die wir
anderen mittels Laschon Hara anhängen wollen, an uns selbst!

Der Talmud entnimmt dieser Verdoppelung eine tröstliche Lehre: “Unrein, unrein soll er
rufen“ - er muss sein Leid öffentlich kundtun, damit die Gemeinschaft für ihn um Erbarmen
bete (Moʻed Katan 5a). Da der Aussätzige seine Lippen verunreinigt hat, und sein Gebet
vielleicht auf verschlossene Türen stößt, so ist es die Aufgabe des Mitmenschen, ihm die
Tore der Rückkehr öffnen zu helfen. Selbst einem Sünder soll die jüdische Gemeinschaft
ihr Mitgefühl nicht versagen. Wenn der Baal Laschon Hara beschämt zur Kenntnis nimmt,
dass die von ihm so übel Beleumdeten sich unverzagt vor Gʻtt für ihn einsetzen, so wird
dies seine läuternde Wirkung auf ihn nicht verfehlen.

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