Paraschat “Toldot“ Empfehlung

31. Oktober 2021 geschrieben von   Channa Rachel Freigegeben in Toledot

ב"ה

Paraschat “Toldot“ (תולדות)

Auszug aus: “Zeitlos aktuell“, von Zwi Braun

Da sprach Jaakow: Verkaufe mir doch heute deine Erstgeburt. Esaw erwiderte: Siehe, ich gehe zu sterben,
wozu dient mir da die Erstgeburt! Da sagte Jaakow: Schwöre mir doch heute; da schwor er ihm und verkaufte
seine Erstgeburt dem Jaakow“ (Bereschit 25: 31-33).

Im fünften Buch der Torah wird das Recht des Erstgeborenen festgelegt. Die Torah wählt
dabei das Beispiel eines Mannes, der zwei Söhne von zwei Ehefrauen hat, wobei sein
Erstgeborener der Sohn der ungeliebten Frau ist:

Vielmehr hat er den Erstgeborenen, den Sohn der Gehassten, anzuerkennen, ihm einen doppelten Anteil an all
seiner Habe zu geben; denn er ist der erste seiner Kraft, ihm gehört das Recht der Erstgeburt
( Dewarim 21:17 ).

Der Erstgeborene erhält also einen doppelten Anteil am väterlichen Erbe. Bleiben wir im
Gesetzesrahmen der Torah, so gilt allerdings die Richtlinie, dass man eine noch nicht
existierende Sache nicht verkaufen kann (Baba Mezia 16a). Jaakow konnte also vor dem
Ableben des Vaters dem Esaw die Erbschaft gar nicht abkaufen. In der Tat sind die
klassischen Kommentatoren (z.B. Abarbanel, Akedat Jizchak) einhellig der Meinung,
dass es Jaakow nicht um den Kauf materieller Werte ging. Dies wird klar, wenn wir die
Stellen in der Torah betrachten, in denen der Erstgeborene eine Rolle spielt.

So soll Mosche bei seinem ersten Auftritt vor Paro sagen:

So hat Gʻtt gesprochen: Mein Sohn, Mein Erstgeborener ist Israel. Ich habe dir
gesagt, gib Meinen Sohn frei, dass er Mir diene ... “ (Schmot 4: 22-23 ).

Rabbiner Hirsch kommentiert diese Aufforderung an den Paro so:

„Indem Gʻtt daher von Israel als ʻMein Sohn, Mein Erstgenborenerʻ spricht, so ist damit
gesagt: Mit Israel wird der Mutterschoß der Menschheit geöffnet, mit Israel der Reigen
eröffnet, in welchem alle Völker als Meine Söhne hervortreten sollen. Israel ist Mein
Erstes, aber nicht Mein Einziges, es ist nur das erste Volk, dass Ich Mir genommen.“

Als Erstgeborener wird Am Israel ein geistiges Erbe, eine geistige Verpflichtung
übernehmen. Bei der Offenbarung am Sinai lesen wir:

Und er (Mosche) schickte die Jünglinge der Bnej Israel und sie brachten Ganzopfer
dar und opferten Gʻtt Friedensopfer von Stieren“ ( Schmot 24:5).

Wer waren diese Jünglinge? Raschi identifiziert sie als die Erstgeborenen, die vor der
Sünde des Goldenen Kalbes die Rolle der Priester innehatten. Was Jaakow von Esaw
wollte, war das Recht, nach dem Ableben ihres Vaters Jizchak als geistiger Erbe die
geistige Führung der Familie Awrahams übernehmen zu können.

Rabbi Jehuda haChassid nimmt in seinem Kommentar zur Torah zu den Worten
Esaws Stellung: „Siehe, ich gehe zu sterben ... wozu dient mir da die Erstgeburt - weʻlama
seh li Bechora?“ Ausgehend von einer Talmudstelle (Baba Batra 16b) setzt er das Wort
“seh“ in Verbindung zu einer anderen Stelle in der Torah, wo es heißt: „dies ist mein Gʻtt -
seh Eli“ (Schmot 15:2). Es ist, als spräche Esaw: „Wozu soll dieser (seh) - sprich Gʻtt - mir
in Bezug auf meine Erstgeburt eine Rolle spielen? Ich bin nicht bereit und nicht daran
interessiert, das geistige Erbe meines Vaters und Großvaters anzutreten.“ Der Baal
Haturim macht uns darauf aufmerksam, dass die beiden Worte “weʻlama seh“ nur noch ein
einziges Mal im Tanach vorkommen. Im Buch Ijow heißt es. „Weʻlama seh Hewel tebalu -
warum habt ihr Nichtiges gefaselt?“ (27:12). Als wäre in den Augen Esaws all das, was mit
Gʻtt zusammenhängt, für ihn unbedeutend und nichtig.

Rabbiner Hirsch: „Von diesem ganzen Kaufpakt, so finden wir, bekam Jaakow nicht
den geringsten Vorzug oder Vorteil, vielmehr ward Esaw groß wie ein Fürst, während
Jaakow sich bei den Schafen plagen musste. Also dass die Erstgeburt gar keinen äußeren
Vorteil gewährte. Es konnte sich vielmehr nur darum gehandelt haben, wem die geistige
Leitung des Hauses einst anvertraut werden sollte.