Midrasch Tehillim zur Parascha Mischpatim, Teil 2

06. Mai 2012 geschrieben von   Freigegeben in Mischpatim Tehillim

ב"ה

Zusammengestellt von Baruch ben Mordechai HaKohen, 5769

„Und den Fremdling sollst du nicht bedrängen und ihn nicht bedrücken, denn Fremdlinge seid ihr im Lande Ägypten gewesen“ (Schemot 22,20).

Midrasch Tehillim 146,8
Vers 9. Der Ewige schützt die Fremdlinge גרים. Der Heilige, gelobt sei Er, liebt die Fremdlinge sehr. Womit ist das zu vergleichen? Mit dem Könige, der eine Schafherde hatte, die auszog und auf dem Felde weidete und am Abende wieder hereinkam an jedem Tage. Einmal ging ein Gazelle mit der Schafherde hinein und gesellte sich zu den Ziegen und Mutterschafen und weidete mit ihnen. Er ging mit ihr hinein und zog mit ihr zum Weiden wieder heraus. Da sprachen die Hirten zum König: Eine Gazelle צבי[1]zieht mit den Schafen hinaus und weidet mit ihnen, an jedem Tage geht er mit ihnen heraus und zieht mit ihnen wieder hinein. Der König liebte die Gazelle sehr. Zur Zeit, wenn er hinaus aufs Feld ging, befahl er dem Hirten und sprach zu ihm: Gib Acht auf diesen Gazelle, damit ihn kein Mensch schlage, und wenn er mit den Schafen hereinkam, befahl er betreffs seines Lieblings: Gebt ihm zu essen und zu trinken. Kurz, er liebte die Gazelle sehr. Da sprach der Hirt zu ihm: Mein Herr König! Du hast so viele Böcke, viele Ziegen, viele Mutterschafe, viele Böcklein, und du verwarnst mich nicht in Bezug auf sie, aber in Bezug auf diese Gazelle gibst du mir täglich Befehle. Der König antwortete ihm: Die Weise der Schafe ist, zu weiden, aber die Gazellen wohnen in der Wüste, und es ist nicht ihre Art, in bewohnte Gegend zu den Menschen zu gehen. Diese Gazelle aber kommt zu uns herein und wohnt bei uns, sollten wir nicht dafür erkenntlich sein, dass sie die große und weite Wüste verlassen hat, den Ort, wo Gazellen und Hindinnen weiden, und sie verließ sie und ist zu uns gekommen? Darum gebührt es uns, dass wir dafür erkenntlich sind. So sprach auch der Heilige, gelobt sei Er: Ich bin dem Fremdling zu großem Dank verpflichtet, dass er seine Familie, sein Vaterhaus verlässt und zu uns kommt, darum gebiete ich in Bezug auf ihn: „Liebet den Fremdling גר“ (Dwarim 10,10); „und einen Fremdling גרsollst du nicht kränken und nicht drücken“ (Schemot 22,20). Darum heißt es: Der Ewige schützt die Fremdlinge.

„Ihr sollt keine Witwen noch Waisen bedrücken“(Schemot 22,21).

Midrasch Tehillim 13,1
Vers 1. Dem Sangmeister. Ein Psalm von David. Wie lange, Ewiger. Vergisst Du mich so gänzlich? Das ist, was die Schrift sagt: „Und es geschah, sowie Er rief, so hörten sie nicht, so sollen sie rufen und Ich werde nicht hören“ (Secharja 7,13). R. Jizchak hat gesagt: Maß gegen Maß. Der Heilige, gelobt sei Er, sprach: Weil Ich viermal gesagt habe: „Wie lange?“ sowie es heißt: „Wie lange werden sie Mich verwerfen?“ (bemidbar 14,11), „wie lange werden sie nicht an Mich glauben?“ (dort), „wie lange weigert ihr euch?“ (Schemot 16,11), „wie lange dieser bösen Gemeinde?“ (bemidbar 14,27), so werdet auch ihr dereinst viermal sagen: Wie lange? Und Ich werde euch einst in die Hand von vier Reichen überliefern, und ihr werdet in der Zeit eurer Not viermal sagen «Wie lange עד אנה»: Wie lange, Ewiger, vergisst Du mich gänzlich? Wie lange verbirgst Du Dein Antlitz vor mir? Wie lange soll ich Anschläge fassen in meiner Seele? Wie lange erhebt sich mein Feind wider mich? Wie lange, Ewiger, vergisst Du mich gänzlich im Reiche Babel? Wie lange verbirgst Du Dein Antlitz, in Medien und Persien? Wie lange soll ich Ratschläge fassen in meiner Seele in Griechenland? Wie lange erhebt sich mein Feind gegen mich in ruchlosem Edom?

Eine andere Auslegung: Wie lange, Ewiger, vergisst Du mich gänzlich? Die Gemeinde Israel sprach vor dem Heiligen, gelobt sei Er: Herr der Welt! Gibt es wohl einen König ohne Thron? Gibt es wohl einen König ohne Krone? Gibt es wohl einen König ohne Palast? Wie lange vergisst Du mich gänzlich? D. i. wie lange vergisst Du das, was Du dem Propheten Schmu’el gesagt hast: „Und auch wird der Mächtige Israels nicht lügen und sich nicht gereuen lassen“ (1. Schmu’el 15,29)? Du bist Israels Siegesgewissheit, Du wirst nicht den Bund in eine Lüge nicht wandeln, der geschlossen worden ist zwischen Dir und den Vätern der Welt, und Du wirst Dich nicht gereuen lassen des Guten [der Verheißungen], um es über uns zu bringen. Und so heißt es auch: „Und nicht ein Mann ist G-tt, dass Er lüge, und nicht ein Menschenkind, dass er sich gereuen lasse“ (Bemidbar 23,19).

R. Schmu’el bar Nachmani hat gesagt: Der Anfang dieses Verses stimmt nicht mit seinem Ende, und sein Ende stimmt nicht mit seinem Anfange, sondern in der Stunde, wo Er beschließt, Gutes der Welt zu bringen, „ist G-tt nicht ein Mann, dass er lüge“ (dort), und in der Stunde, wo Er beschließt, Böses der Welt zu bringen, „hat Er es zwar gesagt, wird es aber nicht tun“ (dort). In der Stunde, da Er sprach: „Auch das Volk, dem sie dienen, werde Ich richten“ (Bereschit 15,14), „war G-tt nicht ein Mann, dass Er lüge“, und in der Stunde, da Er sprach: „Und sie werden sie knechten und bedrücken (dort V. 13), „hat Er es gesagt, wird es aber nicht tun“. Ebenso in der Stunde, da Er zu Abraham sprach: „Denn in Jizchak wir dir ein Same genannt werden“ (dort 21,12), „war G-tt nicht ein Mann, dass er lüge“, und in der Stunde, da er sprach: „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen“ (dort 22,2), hat Er es gesagt, wird es aber nicht tun.

R. Berechja hat gesagt: Es trug sich einmal mit Einem zu, dass er saß und predigte: „Ihr sollt keine Witwen und Weisen bedrücken“ (Schemot 22,21). Eine Witwe, die es gehört hatte, kam deshalb zu ihm, er aber sprach zu ihr: Geh jetzt! Da sprach sie zu ihm: Ich wäre nicht zu dir gekommen, wenn ich dich nicht hätte sagen hören: „Ihr sollt keine Witwen und Weisen bedrücken“, und nun sagst du zu mir: Geh, komm morgen wieder? So sprachen auch die Israeliten vor dem Heiligen, gelobt sei Er: Herr der Welt! Wir kommen nur zu Dir, indem wir uns auf deine Barmherzigkeit stützen, wie es heißt: „Denn nicht für immer wird Er der Leidtragenden אביון vergessen“ (Tehillim 9,19), und Du willst uns vergessen?

„Richtern sollst du nicht fluchen, und dem Obersten deines Volkes sollst du nicht schimpfen“ (Schemot 22,28).

Midrasch Tehillim 56,3
Vers 5. In G-tt rühm ich Sein Wort, gegenüber der Eigenschaft des Gerichts מדת הדין; trotzdem, ich vertrau auf G-tt; ich fürchte nichts, was kann Fleisch mir tun?
Vers 7. Sie sammeln sich, verbergen sich,
sowie es heißt: „Sie sammelt in der Ernte ihre Speise“ (Sprüche 6,8).
Vers 11. In G-tt rühm ich das Wort, in dem Ewigen rühm ich das Wort.
Was heißt: „באלהים“  und was heißt: „בה'“? R. Nehorai hat gesagt: Überall wo es heißtאלהים, ist die Eigenschaft des Gerichts מדת הדיןgemeint. So heißt es: „Richtern (אלהים) sollst du nicht fluchen“ (Schemot 22,27); desgleichen: „Es komme die Sache beider vor die Richter (אלהים)“ (dort V. 8). Unter ה'dagegen ist die Eigenschaft der Barmherzigkeit מדת הרחמיםgemeint. So heißt es: „Ewiger, Ewiger (ה' ה'), barmherzig und gnädig“ (dort 34,6). So sprach auch David vor dem Heiligen, gelobt sei Er: Auch wenn du mit der Eigenschaft des Gerichts (mich) richtest, ich nehme es von Dir an: In G-tt (אלהים) rühm’ ich das Wort, oder du magst mit der Eigenschaft der Erbarmung (mich) richten, ich nehme es von Dir an: In dem Ewigen (בה') rühm ich das Wort.

„Mächtigen sollst du nicht fluchen, und dem Obersten deines Volkes sollst du nicht schimpfen“ (Schemot 22,28).

Midrasch Tehillim 138,1
Vers 1. Von David. Ich preise Dich mit meinem ganzen Herzen, vor G-tt saitenspiele ich Dir. Jeschajahu hat gesagt: „Das Gras verdorrt, die Blüte verwelkt“ (Jeschajahu 40,7), was habt ihr noch zu tun? „Auf hohen Berg steige hinan zu deinem Besten, Heilbotin Zijons“ (dort V. 9). Die Israeliten sprachen: Wir fürchten uns vor den Feinden. Der Heilige, gelobt sei Er, sprach: Die Feinde sind Gras, d. i. solange sie leben, habt ihr euch vor ihnen zu fürchten, jetzt aber, wo sie untergegangen sind, wie es heißt: „Denn der Odem des Ewigen hat es angeweht“ (dort V. 7), vor wem sollt ihr euch fürchten? „Erhebe mit Macht deine stimme, Heilbotin Jeruschalajims, erhebe sie, fürchte nicht! Sprich zu den Städten Jehudas: Siehe da, euer G-tt“ (dort V. 9). Die Israeliten sprachen: Wann preisen wir? Wenn die Frevler Vergeltung trifft, wie es heißt: „So wie du getan, wird dir getan, dein Werk kehrt auf dein Haupt zurück“ (Obadja V. 15). Und worin bestand das Werk? Dass er zerschmetterte die Kinder Israels am Felsen, wie es heißt: „Heil dem, der packt und zerschmettert deine Kinder an den Felsen“ (Tehillim 137,9). In jener Stunde preisen die Israeliten den Heiligen, gelobt sei Er, mit ganzen Herzen, wie es heißt: Ich preise dich mit meinem ganzen Herzen. Von hier kannst du lernen, dass, so lange es Frevler in der Welt gibt, sie die Israeliten unterjochen und drängen, und diese fühlen sich nicht frei, mit ihrem ganzen Herzen zu preisen; wenn sie aber untergehen, in jener Stunde gilt: Ich preise Dich mit meinem ganzen Herzen. Vor G-tt saitenspiele ich Dir, d. i. vor dem Sanhedrin, wie es heißt: „Mächtigen, (אלהים) sollst du nicht fluchen“.

„Deine Fülle und Kelter sollst du nicht zurückbehalten; deinen erstgeborenen Sohn sollst du Mir geben“ (Schemot 22,29).

Midrasch Tehillim 24,3
Eine andere Auslegung: Vers 1. Dem Ewigen ist die Erde und was sie füllt. Der Heilige, gelobt sei Er, schuf die Tage und nahm den Schabbat; Er schuf die Monate und nahm die Festzeiten; Er schuf die Jahre und erwählte sich die Schemittajahre; Er schuf die Schemittajahre und wählte die Jobeljahre; Er schuf die Völker und erwählte sich Israel; Er schuf Israel und erwählte sich die Leviten; Er schuf die Leviten und erwählte sich die Priester; Er schuf die Länder und nahm sich das Land Israel als Hebe von allen Ländern, wie es heißt: Dem Ewigen ist die Erde und was sie füllt. Unter „מלואה, Fülle“ ist nur תרומה, Hebe zu verstehen, wie es heißt: „Deine Fülle und Kelter“ u.s.w. (Schemot 22,28). Darum heißt es: Dem Ewigen ist die Erde und deren Hebe.

Unsere Rabbinen haben gelehrt: Jeden Abschnitt, den David im Buche der Tehillim gesagt, hat er mit Rücksicht auf sich selbst und mit Rücksicht auf ganz Israel gesagt.[2] Jeder Abschnitt, der in der Einzahl steht, hat er mit Rücksicht auf sich selbst, und jeder, der in der Mehrzahl steht, hat er mit Rücksicht auf ganz Israel gesagt, Überall wo es heißt: „Dem Sangmeister auf Saitenspiel למנצח בנגינות“, da bezieht es sich nur auf die Zukunft und überall, wo es heißt: „Ein Psalm von David מזמור לדוד“, da spielte er und hernach ließ sich der heilige Geist auf ihn nieder, wo es dagegen heißt: „Von David. Ein Psalm לדוד מזמור“, da ruhte bereits der heilige Geist auf ihn und hernach erst spielte er. Wo es heißt: „Ein feines Lied. Von David משכיל לדוד“, da geschah es durch einen Dolmetscher, wo es aber heißt: „Ein Lied. Ein Psalm שיר מזמור“, da geschah es durch Sänger. Und das alles warum? Weil der heilige Geist sich nicht da niederlässt, wo Trägheit, oder Schmerzen, oder Scherz, oder Leichtfertigkeiten, oder eitle Worte herrschen, sondern nur da, wo Freude herrscht, wie es heißt: „Und nun holet mir ein Saitenspieler, und es geschah, da der Saitenspieler spielte, da kam über ihn die Hand des Ewigen“ (2. Mlachim 3,15). Ebenso heißt es: „Und G-tt sprach zu Israel in nächtlicher Erscheinung“ (dort 46,2), welche Worte der Targumist durch: „Es ruhte auf ihm der heilige Geist“ übersetzt.

„Siehst du den Esel deines Feindes unter seiner Last erliegen, könntest du es unterlassen, ihm zu helfen? Du sollst ihm samt jenem aufhelfen!“ (Schemot 23,5)

Midrasch Tehillim 99,3
Vers 4. Du hast fest gestellt die Geradlinigen מישרים. R. Alexandri hat gesagt: Du hast die Redlichkeit ישרות in Deiner Welt fest gestellt. Hat ein Mensch einen Rechtstreit mit seinem Genossen, so geht er mit ihm zu Gericht und sie unterwerfen sich dem Ausspruche des Gerichts und machen Frieden. Das wollen die Worte sagen: Du hast fest gestellt die Geradlinigen. Ein Mensch geht auf dem Wege und sieht, dass der Esel seines Genossen (Feindes) unter seiner Last erliegt, da geht er hin und reicht ihm die Hand und hilft auf und abladen, sie gehen darauf in das Gasthaus, und der Herr des Esels spricht: So liebt mich der und der, und ich war der Meinung, dass er mich hasste. Sogleich reden sie miteinander und söhnen sich aus (eig. es kommt Frieden unter sie). Was ist die Ursache, dass sie Frieden machen und sich wieder lieben? Weil er beobachtet, was in der Thora geschrieben steht: „Wenn du den Esel deines Feindes unter seiner Last erliegen siehst und du wolltest unterlassen, es ihm leichter zu machen – mache es ihm leichter“ (Schemot 23,5). Das ist, was geschrieben steht: „Ihre Wege sind freundliche Wege und alle ihre Pfade Frieden“ (Mischle 3,17). Recht und Gerechtigkeit in Jakow hast Du geschaffen. „Und das sind die Rechte, die du ihnen vorlegen sollst“ (Schemot 21,1).

„Und nimm keine Bestechung! Denn die Bestechung macht die Sehenden blind und verkehrt die Sache der Gerechten“ (Schemot 23,8).

Midrasch Tehillim 17,5
Eine andere Auslegung: Vers 2. Von Dir geht mein Urteil aus. Nach R. Levi sprach der Heilige, gelobt sei Er, zu David: Habe Ich umsonst für dich das Sanhedrin gemacht? Geh und führe deine Streitsache vor demselben! David antwortete ihm: Herr der Welt! Du hast in Deine Thora geschrieben: „Und Bestechung sollst du nicht nehmen“ (Schemot 23,8), siehe, sie (die Mitglieder des Sanhedrins) fürchten sich, von mir Bestechung zu nehmen und mich zu richten (mir ein günstiges Urteil zu fallen), aber Du, Dein Wille ist es, Bestechung zu nehmen, von Dir soll mein Urteil ausgehen. Woher lässt sich entnehmen, dass der Heilige, gelobt sei Er, Bestechung nimmt? Weil es heißt: „Bestechung nimmt Er aus dem Busen der Frevlers“ (Mischle 17,23). Und was ist die Bestechung, die er von den Frevlern in dieser Welt nimmt? Busse תשובה und Gebet תפילה und Mildtätigkeit צדקה. Darum steht geschrieben: Von Dir soll mein Urteil ausgehen.

Der Heilige, gelobt sei Er, sprach: Meine Kinder! Solange die Thore des Gebets geöffnet sind, tut Busse, denn Ich nehme Bestechung in dieser Welt, wenn Ich aber in der Zukunft zu Gericht sitzen werde, da nehme Ich nicht Bestechung an, wie es heißt: „Er sehet kein Lösegeld an und willigt nicht ein, soviel du Bestechung bietest“ (Mischle 6,5). Darum sprach David: „Tue mir kund den Weg des Lebens, der Lieblichkeiten Fülle ist vor Deinem Angesicht“ (Tehillim 16,11). Das geht auf die zehn Bußtage zwischen Neujahr und dem Versöhnungstag. Was bedeutet: „Lieblichkeiten zu deiner Rechten immerdar“ (dort)?

R. Abin hat gesagt: Das geht auf die Myrthe, den Lulab und die Bachweide, die „Lieblichkeiten“ sind und die in die Rechte genommen werden. Nach den Rabbinen wird der Lulab in die Rechte und der Etrog in die Linke genommen. Was bedeuten die Worte: „Lieblichkeiten in Deiner Rechten נצח“ ? Wer den Lulab in die Rechte nimmt, siegt stets. Weltbrauch ist es, dass die Pferde in der Rennbahn laufen, wer nimmt und kommt (d. i. wer erhält den Preis)? Wer gesiegt hat. So kommen auch am Neujahr alle Weltbewohner und ziehen vor ihm wie die Geiseln vorüber, auch die Israeliten ziehen vor ihm mit allen Weltbewohnern vorüber und die Fürsten der Völker der Welt sprechen: Wir werden als Sieger hervorgehen und für würdig im Gericht befunden werden, kein Mensch aber weiß, wer siegen wird, ob die Israeliten siegen werden, oder die Völker der Welt. Ist das Neujahr aber vorbei, so kommen alle Israeliten am Versöhnungstage und fasten an ihm, hüllen sich in weiße und schöne Kleider. Ist der Versöhnungstag vorüber, so weiß kein Mensch wer siegt, ob die Israeliten, oder ob die Völker der Welt. Wenn aber der erste Festtag des Laubhüttenfestes herannaht und alle Israeliten, groß und klein, ihre Lulabim in ihre Rechte und ihre Etrogim in ihre Linke nehmen, so wissen alle sofort, dass die Israeliten Sieger im Gericht gewesen sind. Ist endlich der Tag des großen Hoschanna herbeigekommen, so nehmen sie Bachweiden und gehen siebenmal im Kreise herum und der Vorsänger der Gemeinde erhebt sich wie ein Engel G-ttes, mit dem Thorabuche in seinem Arm, und das Volk umkreist ihn wie den Altar. Denn so haben unser Rabbinen gelehrt: An jedem Tage umkreisen sie den Altar und sprechen: Ach, Ewiger, hilf doch! ach, Ewiger, lass doch gelingen! Am siebenten Tage aber gehen sie siebenmal im Kreise herum. Und so ist es auch durch David, den König von Israel, erklärt worden, wie es heißt: “Ich wasche in Reinheit meine Hände und umrunde Deinen Altar, Ewiger“ (Tehillim 26,6). Sofort freuen sich die Dienstengel und sprechen: Die Israeliten haben gesiegt, die Israeliten haben gesiegt! “Und auch der Sieg Israels (נצח) wird nicht lügen und Er wird nicht bereuen.“ (1. Schmu’el 15,29).

Das ist, was David gesagt hat: Wenn ihr die Vorschrift des Lulab haltet, der lieblich (נעים) genannt wird und ihr ihn in der rechten Hand haltet, um mit ihm den Heiligen, gelobt sei Er, zu preisen, siehe, so tut Er euch kund die Pfade des Lebens. Und so heißt es auch: „Tue mir kund den Pfad des Lebens!“ nämlich am Neujahr und am Versöhnungstage. „In Fülle der Freuden“, am Sukkot Fest; „vor Deinem Antlitz“, durch die Vorschrift des Erscheinens, wie es heißt: „Erscheinen sollen alle deine Männlichen“ (Dwarim 16,16); „Lieblichkeiten zu Deiner Rechten“, mit dem Lulabbunde, der נעימות, Lieblichkeit heißt und den man in der rechten Hand trägt; „נצח, Sieg“, siehe, ich verkündige dir, dass du die Völker der Welt im Gerichte besiegen wirst, wie es heißt: „Auch der Sieg Israels wird nicht lügen“ (1 Schmu’el 15,29).

Eine andere Auslegung: „Fülle der Freuden vor Deinem Angesichte.“ Lies nicht: שובע, Fülle, sondern: שבע, sieben gegenüber der sieben, wie es heißt: “Und freuet euch vor dem Ewigen, euerm Gott sieben Tage“, d. i. mit sieben Dingen an den Festtagen (Wajikra 23,40). Und das sind die sieben: Hütte, Lulab, Bachweide, Myrthe, Etrog, Wasserspendung und Freude des Wasserschöpfhauses. Und wenn sie das tun, so ist G-tt ihnen lieblich (huldvoll) und schafft ihnen durch Seine Rechte im Gerichte den Sieg.

Eine andere Auslegung: „Tue mir kund den Pfad des Lebens“, das geht auf die Thora, denn es heißt: „Ein Baum des Lebens ist sie allen, die an ihr festhalten“ (Mischle 3,18). „Fülle der Freuden“, das geht auf Schrift, Mischna, Talmud, Halachot, Agadot, sorgfältige Forschungen in der Thora und Forschungen der Schriftgelehrten, und nicht nur das, sondern Du zeigst mir auch ein freundliches Antlitz, wie es heißt: „Dein Antlitz ist Lieblichkeit.“ „Zu Deiner rechten“, in dieser Welt, „Ewigkeit נצח“, in jener Welt.

„Und sechs Jahre sollst du dein Land besäen und seinen Ertrag einsammeln; 11 aber im siebten sollst du es ruhen und liegen lassen, dass die Armen deines Volkes davon essen; und was sie übriglassen, soll das Getier des Feldes fressen. Desgleichen sollst du mit deinem Weinberge tun und mit deinem Olivenbaum“ (Schemot 23,10-11).

Midrasch Tehillim 9,11
Vers 9. Und Er richtet den Erdkreis mit Gerechtigkeit. R. Levi hat gesagt:[3] Wenn Er die Völker richtet, so richtet Er sie in der Nacht zur Zeit, wo sie von ihren Übertretungen ruhen (eig. schlafen), wie es heißt: „Im Augenblick werden sie sterben und mitten in der Nacht“ (Jiob 54,20), die Israeliten aber richtet er am Tage zur Zeit, wo sie mit der Ausübung der Vorschriften beschäftigt sind.

R. Alexander hat gesagt: Es ist doch Ruth, Rachab, Zippora und Jitro von ihnen hervorgegangen? – R. Jehoschua ben Levi hat gesagt: Einmal heißt es: „Und Jitra יתרא, der Jisraelit“ (2. Schmu’el 17,25), und ein andermal wieder heißt es: „Jeter יתר, der Ischma’elit“ (1. Diwrej HaJamim 2,17)? Darauf hat R. Schmu’el bar Nachmani gesagt: Er war ein Ischma’elit. Warum heißt er aber Israelit? Er ging einmal ins Lehrhaus, wo er Ischai (die Worte) sagen hörte: „Wendet euch zu mir, dass euch geholfen werde all’ ihr Enden der Erde“ (Jeschajahu 45,22), sofort trat er zum Judentum über und Ischai gab ihm seine Tochter. Die Rabbanan dagegen haben gesagt: Er war ein Israelit. Warum heißt er dann aber Ischma’elit? Weil er wie ein Ischma’elit ein Schwert schärfte, es im Lehrhaus in den Boden steckte und sprach: Entweder ich töte, oder ich werde getötet, oder ich bestätige die Worte meiner Lehrer. Ein Ammonite, aber nicht eine Ammoniterin, ein Moabite, aber nicht eine Moabiterin.[4] Und woher entnehmen wir, dass Ischai ihm seine Tochter gab? Weil es heißt: „Und ihre Schwestern[5] Zeruja und Abigail … und Abigail gebar den Amassa und der Vater Amassas war Jeter, der Ischma’elit“ (1. Diwrej HaJamim 2, 16. 17).

Und Er wird richten den Erdkreis. Alle siebente sind beliebt[6]: Adam, Schet, Enosch, Kenan, Mahalalel, Jered, Chanoch (1. Diwrej HaJamim 1,1-3); von letzterem heißt es: „Und Chanoch wandelte mit G-tt“ (Bereschit 5,24). Abraham, Jizchak, Jakow, Levi, Kehat, Amram, Mosche; von diesem heißt es: „Und Mosche stieg zu G-tt hinauf“ (Schemot 19,3). „Ozem, den sechsten, David den siebenten“ (1. Diwrej HaJamim 2,15), Schaul, Ischboschet, David, Schlomo, Rechabeam, Abija, Asa; von diesem heißt es: „Und Asa rief zu dem Ewigen, seinem G-tte“ (2. Diwrej HaJamim 14, 10). Betreffs der Jahre heißt es: „und im siebenten lasse es brach liegen und gib es preis“ (Schemot 23,11). Betreffs der Tage heißt es: „Und G-tt segnete den siebenten Tag“ (Bereschit 2,3). Betreffs der Monate heißt es: „Im siebenten Monat, am ersten Monats“ (Wajikra 23,24). Betreffs der Himmel: Reki’a, Schamajim, Schechakhim, Sebul, Ma’on Machon, Arabot, und es heißt: „machet Bahn dem, der im Arabot einher fährt.“ Betreffs der Namen der Erde: Erez, Adamah, Arka, Ge, Zijah, Neschijah, Tebel, und von letzterem heißt es:Und Er wird richten den Tebel (Erdkreis) in Gerechtigkeit“.

„Und auf alles, was Ich euch gesagt habe, sollt ihr acht haben; und den Namen anderer Götter sollt ihr nicht erwähnen, er soll in deinem Munde nicht gehört werden“ (Schemot 23,13).

Midrasch Tehillim 16,5
Eine andere Auslegung: Vers 4. Sie mehren ihre Schmerzen, diejenigen, die einem anderen nacheilen usw. David sprach vor dem Heiligen, gelobt sei Er: Den Menschen, welche früh an deine Tür eilen, um hineinzugehen und zögern, um herauszugehen, hast Du viele Schmerzen bereitet. Als sie sprachen: Spendet vor dem Götzen! So antwortete er: Ich spende nicht. Opfere dem Götzen! So antwortete er: Ich opfere nicht. Trinke Wasser selbst in einem roten Becher! So antwortete er: Ich trinke nicht. Gelobe im Namen des Götzen! So antwortete er: Ich gelobe nicht, denn so hat unser Lehrer Mosche in seiner Thora befohlen: „Und des Namens fremder Götter sollt ihr nicht gedenken“ (Schemot 23, 13): Ich nehme ihre Namen nicht auf meine Lippen, sondernVers 5. Der Ewige ist das Los meines Teils und mein Becher, Du wirfst für mich mein Los. R. Jehuda im Namen des R. Schim’on ben Lakisch hat gesagt: Das Los nämlich, das Du am Sinai für mich warfst.


[1] צביbedeutet 1. Gazelle, 2. Pracht, Herrlichkeit, 3. Beiname für Eretz Israel, s. Jirmejahu 3,19
[2]S. Pesachim 117
[3]Vergl. Rosch HaSchana I, 97b; Bereschit Rabba Par. 50. 3.
[4]Eine alte, schon der Schule des Propheten Schmu’el zugeschriebene Halacha (vergl. Baba Batra 77a ( in Anknüpfung an den Vers: „Nicht soll ein Ammoniter und Moabiter in die Versammlung des Ewigen kommen“ (Dwarim 21,4), deren Anerkennung Jitro mit Gewalt durchsetzen wollte.
[5]Schwestern der Söhne Ischais.
[6]Vergl. Pesikta der R. Kahana Piska 23