Paraschat “WAJIKRA“
Auszug aus:
Belebende Parascha, Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die
Gegenwart, von Rabbiner Benjamin Sufiev
Spirituelle Opfer
Zur Zeit des jüdischen Tempels drückte sich der G‘ttesdienst des Volkes Israel
hauptsächlich durch seine Opferdarbringung aus. Die Thorakommentatoren schreiben dem
Opferdienst viele Gründe zu, wie die Sühne für Missetaten und ein Mittel zur Näherung an
G‘tt. Über die verschiedenen Opfer und ihre Darbringung erfahren wir im Dritten Buch
Mose (Chumasch Wajikra) und in seinem ersten Abschnitt Wajikra.
Der Tempel bis auf seine wenigen Überreste existiert nicht mehr und somit auch nicht
die Möglichkeit des Opferdienstes. Aber die spirituelle Bedeutung der Opfer begleitet uns
bis zu diesem Tage und sie sind heute aktuell wie damals. Um den verborgenen Sinn des
Opferdienstes zu begreifen, müssen wir erst den Vorgang der Opferung, wie sie im Tempel
tatsächlich stattfand, näher kennenlernen.
“Opfer“ - Annäherung
Schon das Wort “Opfer“ deutet uns sein hauptsächliches Ziel an -
“Annäherung“ (Sohar III 5a) an G‘tt (im Hebräischen derselbe Wortstamm). Durch die
Opferdarbringung nähert sich der Mensch seinem Schöpfer; und somit ist das allererste,
was dieses Gebot uns lehrt, die Pflicht und Bemühung um eine Näherung an G‘tt
unsererseits.
Wie wird ein Tier zum Opfer G‘ttes? - Man nimmt dafür ein koscheres Tier, prüft es
gründlich, dass es tadellos ist, schächtet es und lässt es ausbluten. Schließlich wird das
Opfer auf dem Altar verbrannt.
Am Menschen liegt es, sich all diesen Vorgängen im Spirituellen zu unterziehen. Dabei
ist das erwählte Opfer das “Tierische“ im Menschen, seine tiergleiche Seele (seine
materialistische, egoistische Seite).
Tadellos
Die Prüfung: Die große lauernde Gefahr im Menschen ist seine Neigung, eigene Mängel
sehr oft zu übersehen. Die Fehler anderer bemerkt er sofort, doch seine eigenen verdrängt
er lieber. Deshalb ist als allererster Schritt in seiner Opfervorbereitung eine Selbstprüfung
zu absolvieren, und zwar in jeder Ecke seiner Seele, seinem Denken, Sprechen und Tun.
Vielleicht hat er doch einen “Fehler“ an sich übersehen, welcher sein Opfer (und die
dadurch erlangte Annäherung an G‘tt) untauglich machen könnte.
Schächtung: Die Schächtung bewirkt das Ausströmen des Blutes und der Lebenskraft
des Tieres. All seine Glieder bleiben unversehrt, aber sie sind nicht lebendig. Das ist der
zweite Schritt der Opferung - man verlangt nicht vom Menschen mit dem Essen und
Trinken aufzuhören oder dem Arbeiten zu entsagen und so jeder anderen Tätigkeit im
Leben. Er kann sich all dem widmen, nur das “Blut“ soll er seinen Tätigkeiten entnehmen -
die Lebenskraft und Freude der tiergleichen Seele; d.h. selbstverständlich muss der
Mensch ständig von Freude und Lebenslust erfüllt sein, doch seine Lust darf nicht seinem
Tierischen entspringen, sondern soll der Erkenntnis entstammen, in all seinen Wegen den
Willen G‘ttes widerzuspiegeln und nicht die Gelüste der tiergleichen Seele.
Immerwährendes Feuer
Feuer und Altar: Der spirituelle Altar ist das Herz des Menschen, und das brennende
Feuer die immerwährende Liebe eines jeden Juden zu seinem Vater im Himmel. Im Herzen
jedes Juden brennt die flammende Liebe zu G‘tt, aber nicht immer ist er sich dieser
bewusst. Nachdem der Mensch nun sein Opfer geprüft und geschächtet hat, soll er sein
innerstes Feuer der Liebe zu G‘tt entflammen und mit ihm die tiergleiche Seele
“verbrennen“, so dass auch sie durchdrungen wird von eben dieser Liebe zu Gtt.
Diese “Opfer“ kann jeder von uns auch heute darbringen, und zur vollkommenen
Erlösung wird ihr spiritueller Aspekt von dem Opferdienst selbst begleitet werden, und das
sofort in unseren Tagen!
(Likutej Sichot, Band I, Seite 193)